Fünf Namen hat Christiane Braun auf der Liste, die sie der Reihe nach abtelefoniert. Diesmal hatte niemand Zeit, am Ostermontag in der Evangelischen Kirche in Gestorf die Orgel zu spielen. Bei der neuen Plattform „KiMuSearch“ wurde die Pfarrsekretärin dann fündig. Sie stieß auf einen Musiker aus einem Nachbarort, den sie bislang nicht auf dem Zettel hatte und der nun den Gottesdienst musikalisch begleiten wird.
So wie in Gestorf, ein Ortsteil der Stadt Springe, sieht es in vielen Kirchengemeinden aus. „Bis Ende vergangenen Jahres hatten wir eine feste Organistin“, sagt Christiane Braun. Doch die sei nun in den Ruhestand gegangen. Wann und ob eine neue Kirchenmusikerin gefunden wird, ist offen. Also gab die Gemeindemitarbeiterin ein Gesuch bei der Vermittlungsbörse für Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker der Landeskirche Hannovers ein – und prompt ploppte ein Treffer auf.
Die Kirchenmusik-Dienste plant Christiane Braun halbjährlich. Bis Ende August hat sie erst einmal Ruhe, im März fragt sie für das zweite Halbjahr an. „Wenn ich das wöchentlich machen müsste, würde ich verrückt werden“, sagt sie. Die Plattform „KiMuSearch“ ist für sie zurzeit das letzte Mittel, wenn die persönlichen Kontakte erfolglos abgearbeitet sind. „Ich finde die Seite gut und hoffe, dass sie noch bekannter wird.“
„KiMuSearch“ ist in der Bedienung denkbar einfach gehalten. Wer seine musikalischen Dienste anbieten möchte, registriert sich einmalig und legt ein Profil an. Darin können Musikerinnen und Musiker speichern, ob sie Orgel, Gitarre oder ein Soloinstrument spielen, ob und über welche kirchenmusikalische Prüfung sie verfügen und wann und in welchem Umkreis sie zur Verfügung stehen. Suchende Gemeinden registrieren sich ebenfalls und geben ein, was sie wann suchen. Auch Angaben über die Barrierefreiheit des Dienstortes sind möglich. Wenn es einen „Treffer“ gibt, erfolgt die Benachrichtigung über E-Mail. Dann können bei Interesse weitere Verabredungen getroffen werden. Wo bekomme ich den Kirchenschlüssel? Welche Liedauswahl ist gewünscht?
„Wir haben die Hoffnung, dass den Pfarrämtern künftig viele Telefonate erspart bleiben“, sagt Landeskirchenmusikdirektor Hans-Joachim Rolf (Michaeliskloster Hildesheim), der redaktionell für „KiMuSearch“ verantwortlich ist. „Die festen Musikerinnen und Musiker, die seit Jahrzehnten auf der Orgelbank sitzen, sterben langsam aus. Immer weniger sind bereit, sich vertraglich zu binden und jeden Sonntag Gottesdienste mitzugestalten.“ Üblicherweise seien davon besonders die ländlichen Regionen betroffen, in Universitätsstädten beispielsweise finde man leichter Vertretungen.
Eine erste Version des Suchportals hatte schon vor Jahren der Lüneburger Kirchenmusikdirektor Joachim Vogelsänger entwickelt. „Das war etwas hemdsärmelig programmiert, einfach aus Lust und Laune“, sagt der Musiker, der um die Nöte von Gemeinden vor allem an Randgebieten eines Kirchenkreises wusste. Quasi wegen des großen Erfolges – und weil es auch mal Kritik gab, wenn etwas nicht funktionierte – beschloss Vogelsänger („Warum hänge ich mir das an den Hals?“), die Evangelische Medienarbeit (EMA) um eine Neuauflage der Seite zu bitten.
Die Projektleitung übernahm EMA-Mitarbeiterin Petra Schäfer, die selbst Orgelvertretungen übernimmt und bereits bei Vogelsängers Portal registriert war. „Gemeinsam mit dem freien Programmierer Heiner Sameisky haben wir die Nutzeroberfläche bewusst schlicht gehalten“, sagt Schäfer. In den Regionen Hildesheim und Lüneburg wurde das neue „KiMuSearch“ in einer Pilotphase erfolgreich getestet. Seit wenigen Wochen steht es nun für die gesamte Landeskirche kostenlos zur Verfügung. Bislang sind 110 Musikerinnen und Musiker und 52 Gemeinden registriert.
Da Petra Schäfer nicht nur die Orgel, sondern auch Keyboard in mehreren Hildesheimer Musikgruppen spielt, findet sie das Portal auch für die Vermittlung von Kirchenbands interessant. Noch besteht diese Möglichkeit nicht, das Programm ließe sich dafür aber problemlos ergänzen. „Wir werden das natürlich weiterentwickeln“, sagt auch Hans-Joachim Rolf. Er kann sich gut vorstellen, dass sich nicht nur Organistinnen, Soloflötisten und Trompeterinnen, sondern auch Bandleader registrieren. Eines stellt er aber sowohl für klassische wie popularmusikalische Ausführende klar: „Es geht nicht darum, Konzerte zu vermitteln, sondern um die singende Gemeinde.“
Der Kirchenkreis Uelzen hatte eine Neuauflage von „KiMuSearch“ bereits in seinem Kirchenmusik-Konzept angemahnt – die Erfahrungen mit der Vorläufer-Version waren hier ebenfalls gut. Rolf hofft, dass auch andere Gemeinden und Kirchenkreise die Vermittlungsbörse bald nicht mehr missen möchten. Es kann einen Beitrag dazu leisten, dass weiterhin in der Fläche Musik zum Lob Gottes erklingt. Und vielleicht erwachsen aus sporadischen Begegnungen wunderbare musikalische Freundschaften – im besten Fall sogar Festanstellungen.