Hannover. Die hannoversche Landeskirche will im kommenden Jahr knapp 1,9 Millionen Euro für ihre Fachstelle sexualisierte Gewalt aufwenden. Davon seien rund 500.000 Euro Personalkosten, sagte der Präsident des Landeskirchenamtes, Jens Lehmann, am Donnerstag am Rande der Tagung der Landessynode vor der Presse. Weitere Gelder seien unter anderem für die Förderung von Präventionsschulungen in der Fläche und eine Unabhängige Regionale Aufarbeitungskommission (URAK) vorgesehen.
Lehmann zufolge haben alle 711 Kitas in der Landeskirche Schutzkonzepte gegen sexualisierte Gewalt. Unter den Kirchenkreisen seien es rund 80 Prozent. Die Leiterin der Fachstelle sexualisierte Gewalt, Mareike Dee, ergänzte, auch die Kirchengemeinden seien auf dem Weg, solche Konzepte zu erstellen.
Lehmann sagte, es gehe darum, umzusetzen, was die ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt im Bereich der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) den Kirchen „ins Stammbuch“ geschrieben habe. Laut der im Januar veröffentlichten wurden seit 1946 mindestens 2.225 Menschen in der evangelischen Kirche und der Diakonie missbraucht, hauptsächlich Kinder und Jugendliche.
Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hatte in Reaktion auf die Studie vor gut zwei Wochen in Würzburg einen Maßnahmenplan zur Prävention und zum Umgang mit sexualisierter Gewalt beschlossen. Das zwölf Punkte umfassende Papier sieht unter anderem vor, für Betroffene ein „Recht auf Aufarbeitung“ zu schaffen und eine zentrale Ombudsstelle einzurichten.
In der hannoverschen Kirche liegen Lehmann zufolge aktuell zwei bis drei Anträge Betroffener auf eine lokale Aufarbeitung vor. Die Landessynode hat bei ihrer Tagung eine Ombudsstelle auch für Niedersachsen angeregt, die auf Landesebene über die Kirche hinaus alle gesellschaftlichen Bereiche in den Blick nehmen könnte.
Die hannoversche Landeskirche ist mit 2,2 Millionen Mitgliedern in 47 Kirchenkreisen und 1.219 Ortsgemeinden zwischen Harz und Nordsee die größte unter den 20 evangelischen Landeskirchen in Deutschland. Ihr Gebiet umfasst drei Viertel Niedersachsens.