Wallenhorst. Graue Sitzkissen liegen auf dem warmen Holzfußboden in der Andreaskirche, 36 Zweitklässler*innen aus der Johannisschule in Hollage-Ost knien darauf und schauen gespannt zu den Gästen, die zum bundesweiten Vorlesetag aus Hannover nach Hollage gekommen sind. Sie sind neugierig, wen sie als Vorleser kennenlernen und vor allem welche Geschichten sie hören werden.
Pastor Martin Steinke begrüßt Ralf Meister, Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, und Nicole Schwarzer, Leiterin des Teams Kultur und Kunst der Service Agentur der Landeskirche, zum bundesweiten Vorlesetag in der Evangelisch-lutherischen Andreasgemeinde in Wallenhorst-Hollage. „Lesen ist so schön, dabei können wir in andere Welten eintauchen. Ich freue mich, dass Ralf Meister bei uns ist. Denn ich habe ihn schon öfter beim Vorlesen gehört und er kann das gut“, kündigt Steinke lächelnd an.
Die Kinder rücken mit ihren Kissen noch ein Stück nach vorne. Bischof Meister setzt sich auf ein bequemes Sofa, das vor dem Altar steht – eine Leihgabe aus der Bücherei im Untergeschoss. Er greift nach dem ersten Buch. „Ein Esel ist ein Zebra ohne Streifen“, lautet der Titel von Martin Ebbertz. Darin stehen „Quatsch-Geschichten, das sind richtige Quatsch-Geschichten“, berichtet Meister. Die Kinder hören vom Hang-Huhn aus der Eifel, das ein kürzeres Bein hat. „Das probieren wir aus“, sagt der Vorleser aus Hannover. Und schon stellen sich alle hin, heben das linke Bein hoch, um sich zu fühlen wie das Huhn aus der Eifel. Danach liest Ralf Meister die Geschichte vor vom Regenwurm, der Regen und frische Luft nicht leiden kann und der sich vom Holzwurm zum Bücherwurm verändert. Und wenn die Geschichten zu verrückt werden, rufen Meister und die Kinder laut und gemeinsam: „Das ist doch Quatsch!“ und lachen laut.
Auch das zweite Buch trainiert die Lachmuskeln. Die Geschichte von Autor Jörg Mühle heißt „Als Papas Haare Ferien machten“. „Das kenne ich, wenn die Haare weg sind“, sagt Ralf Meister und fährt sich schmunzelnd mit der Hand über seinen eigenen Kopf. Die Illustrationen aus der Geschichte sehen die Kinder in groß auf einer Leinwand und erleben so auch in Bildern mit, wie die Haare vom Vater des Ich-Erzählers verschwinden und auf eine große Reise gehen. Der Versuch, sie in der nächsten Stadt wieder einzufangen, scheitert. Sehr zum Vergnügen der Kinder schildert Meister, dass die Haare von ihrer Reise Postkarten und Selfies schicken: „Aus Haargentinien, aus der Sahaara, aus Nord-Haarmerika, Haarakesch oder Singhaarpur“, mit diesen Orten amüsiert Meister (und der Autor) die Zweitklässler*innen aufs Beste. Als am Ende der Geschichte die Haare aus den Wolken wieder auf den Kopf des Papas zurückregnen, können die aufmerksamen Zuhörer*innen das auch nachvollziehen. „Die Haare wurden ins Meer gespült. Da scheint die Sonne drauf, das Wasser verdunstet, mit dem Wasser steigen die Haare in die Wolken und können dann wieder herunterregnen“, findet ein Junge eine sehr logische Erklärung. Fröhlicher Applaus belohnt die Lesung von Landesbischof Ralf Meister.
Während die Kinder mit ihren Begleiterinnen Julia Atkinson, Lydia Böhme und Anja Krone den Ausflug in die Andreasgemeinde beenden und sich auf den Rückweg zu ihrer Schule machen, nimmt Meister sich Zeit, um die Bücherei der Andreasgemeinde zu besuchen. Mirjam Hune und ihre vierzehn Kolleginnen betreuen an sechs Tagen pro Woche die evangelische öffentliche Bücherei – rein ehrenamtlich. Zudem gibt es in der Andreas-Kita eine Außenstelle, die auch einmal wöchentlich öffnet. 12.000 Ausleihen zählt die Bücherei, die im Untergeschoss des Gebäudes an der Uhlandstraße 61 liegt.
Etwa 5.000 Medien können ausgeliehen werden: Romane, Krimis, Sachbücher, Bilderbücher, Bücher für Kinder und Jugendliche, Comics, Hörfiguren und seit kurzem auch Spiele. Einmal im Monat findet ein Literaturkreis statt, einmal im Jahr gibt es in der Andreaskirche einen Literaturgottesdienst. „Die Bücherei ist ein wertvolles Angebot, das sehr gern und häufig genutzt wird“, sagt Pastor Martin Steinke und lobt das Engagement des Teams: „Es ist toll, dass wir so eine wundervolle Einrichtung hier bei uns in der Gemeinde haben!“
Bild: Jens Schulze
Maren Bergmann