Landeskirche muss Pastor trotz Missbrauchsverdacht weiter beschäftigen

Die Landeskirche Hannovers muss einen Pastor trotz Missbrauchsvorwürfen weiter beschäftigen. Der Rechtshof der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen gab am Dienstag dem Widerspruch des Mannes gegen eine Entscheidung der Landeskirche statt. Die Kirche hatte versucht, seine Ernennung zum Pastor zurückzunehmen. Nach Einschätzung des Rechtshofes waren dafür aber nicht alle Voraussetzungen erfüllt.

Eine betroffene Person hatte eine Tat aus dem Bereich der sexualisierte Gewalt aus dem Jahr 2004 geschildert. Die Betroffene war damals 15 Jahre alt. Zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Taten war der Mann noch nicht als Pastor bei der Landeskirche, sondern in einer ähnlichen Funktion bei einer diakonischen Einrichtung beschäftigt.

Der Vorsitzende Richter, Martin Goos, sagte: „Das Geschehen ist als sexuelle Belästigung zu sehen.“ Derartige Handlungen seien aber erst seit 2016 strafbar. Die Rechtslage zum Tatzeitpunkt sei für die Entscheidung des Rechtshofes ausschlaggebend, auch wenn dies aus heutiger Sicht manchen unbefriedigend erscheine.

Goos sagte weiter, ob die Beweismittel ausreichten, um die geschilderten Übergriffe nachzuweisen, müsse der Rechtshof nicht abschließend beantworten. Es gebe allerdings keine Anhaltspunkte dafür, dass die Aussagen der Zeugin nicht wahr seien.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann angefochten werden. Eine Revision ließ das Gericht nicht zu.

Der Präsident des Landeskirchenamtes, Jens Lehmann, sagte, die Kirche wolle das schriftliche Urteil abwarten und dann entscheiden, ob sie Rechtsmittel einlege. Zudem wolle sie weitere dienstrechtliche Mittel gegen den Pastor prüfen. „Die Rechtsauffassung des Rechtshofes, dass die damaligen Handlungen des Pastors nicht strafrechtlich relevant waren, unterscheidet sich von der Rechtsauffassung, die die Landeskirche vertritt.“

Die Verfügung, dass dem Beschuldigten die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen untersagt sei, bleibe bestehen.

Die Landeskirche hatte bereits im zweiten Anlauf versucht, den Mann aus dem Dienst zu entfernen. Bereits 2018 waren der Kirche Vorwürfe gegen den Pastor bekannt geworden, nachdem die Betroffene Nancy Janz Anzeige gegen ihn erstattet hatte. Damals scheiterte der Versuch, seine Ernennung zum Pastor zurückzunehmen, daran, dass nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden konnte, dass Janz zum Zeitpunkt der von ihr geschilderten Taten noch minderjährig war.

Statement von Dr. Jens Lehmann, Präsident des Landeskirchenamts

Der Rechtshof der Konföderation evangelische Kirchen in Niedersachsen hat heute (05.11.2024) der Klage eines Pastors stattgegeben.

Der Präsident des Landeskirchenamtes, Dr. Jens Lehmann, sagt:
„Die Landeskirche Hannovers hatte die Rücknahme der Berufung des Beschuldigten zum Pastor verfügt, da es gegen ihn schwerwiegende Vorwürfe aus dem Bereich der Sexualisierten Gewalt gibt. Die Vorwürfe gegen den Pastor beziehen sich auf einen Zeitraum, als er noch nicht Pastor der Landeskirche war.
Die Rücknahme der Berufung zum Pastor hätte die sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses mit der Landeskirche Hannovers zur Folge gehabt.

Die Landeskirche respektiert die Entscheidung des Rechtshofes. Wenn die schriftlichen Urteilsgründe vorliegen, wird das Landeskirchenamt sie sehr genau prüfen und dann entscheiden, ob die Landeskirche Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Gerichts einlegt. Zudem wird die Landeskirche prüfen, welche anderen dienstrechtlichen Möglichkeiten es gibt, falls eine Entfernung des Pastors aus dem Dienst rechtlich nicht möglich sein sollte.  Die Rechtsauffassung des Rechtshofes, dass die damaligen Handlungen des Pastors nicht strafrechtlich relevant waren, unterscheidet sich von der Rechtsauffassung, die die Landeskirche vertritt.“

Die Verfügung, dass der beschuldigten Person die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen untersagt ist, bleibt bestehen. Die Landeskirche hatte mit der Verfügung auf die Aussage einer betroffenen Person reagiert, die einen Übergriff aus dem Bereich der sexualisierten Gewaltdurch den Beschuldigten geschildert hatte.

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen/Pressestelle der Landeskirche