„Wir stehen zusammen“ – Blaulicht-Gottesdienst würdigt Einsatzkräfte in Lüneburg

Blick in den Altarraum einer Kirche. Auf dem Boden bilden Kerzen ein Kreuz. Links und rechts des Altars sind die Wände blau beleuchtet.
Bild: Anne-Katrin Schwanitz

Lüneburg. In der St. Johanniskirche Lüneburg kamen zahlreiche Einsatzkräfte, Freunde der Blaulichtfamilie und Mitglieder der Öffentlichkeit zum diesjährigen ökumenischen Blaulicht-Gottesdienst zusammen. Unter dem Motto „Wir stehen zusammen“ würdigte der Gottesdienst die Arbeit und das Engagement der Menschen im Blaulicht-Einsatz. 

Der Gottesdienst bildete gleichzeitig den feierlichen Auftakt des ersten Lüneburger Blaulichttages und sandte ein starkes Zeichen der Solidarität und Wertschätzung an alle, die oft unter schwierigen Bedingungen für die Sicherheit und das Wohl der Gemeinschaft sorgen.

Regionalbischöfin Marianne Gorka und Dechant Carsten Menges leiteten den Gottesdienst in einer bewegenden Dialogpredigt, die von den Berichten von schwierigen Einsätzen und tiefem Mitgefühl für die Blaulichtkräfte und Seelsorgenden geprägt war. Die Regionalbischöfin vom Sprengel Lüneburg berichtete von einem persönlichen Notfalleinsatz in ihrer Zeit als Pastorin, bei dem sie eine Familie nach dem tragischen Tod ihrer Tochter begleitete. Sie erinnert sich: „Ich werde den Schock der Eltern nie vergessen. Dieser Moment, der nicht wahr sein kann, den du nicht glauben kannst, weil du’s einfach nicht fasst.“
Dechant Carsten Menges vom katholischen Erzbistum Hildesheim, Dekanat Lüneburg, erinnerte an die Menschenkette auf der Suche nach dem vermissten Studenten Aurel S. kürzlich in Lüneburg und fügte das Bild des biblischen Moses hinzu, dessen Arme im Kampf gegen die Amalekiter von Aaron und Hur gestützt werden, damit er durchhalten kann. „Das Bild, dass Aaron und Hur ihm dann die Arme stützen, finde ich so aussagekräftig. Da kommt das Sprichwort ‚Jemandem unter die Arme greifen‘ in den Sinn.“ Er zog damit Parallelen zu den Einsätzen der Blaulichtkräfte, die sich gegenseitig unterstützen, gerade wenn die Belastung zu groß wird. 

Fünf Personen, zwei weiblich und drei männlich gelesene stehen zusammen in einer Kirche. Einer trägt eine Einsatzjacke der Polizei, eine einen Talar, einer Feuerwehr-Uniform.
Bild: Anne-Katrin Schwanitz
Marcus Christ (Leiter des Kirchlichen Dienstes in Polizei und Zoll), Polizistin Sara Mehnen, Regionalbischöfin Marianne Gorka, Thomas Ring (Polizeipräsident Polizeidirektion Lüneburg) und Jörg Wesemann (Polizeidirektor Rotenburg und Einsatzleiter im Fall Arian).

Als Pressesprecherin der Polizeiinspektion Rotenburg im Vermisstenfall Arian war Polizistin Sara Mehnen an einem der intensivsten Einsätze der vergangenen Jahre beteiligt. Sie berichtete von der einzigartigen wertschätzenden Zusammenarbeit der verschiedenen Blaulichtorganisationen. So erinnerte sie sich an einen besonders bedeutsamen Moment während des Einsatzes, als ein Notfallseelsorger ihr eine Tasse Kaffee brachte: „Eine Tasse Kaffee mag trivial erscheinen, doch sie symbolisiert so viel mehr. Sie steht für Wertschätzung, für das Miteinander und für die kleinen Gesten, die oft den Unterschied machen.“ 
Die Solidarität und Unterstützung, die Mehnen in diesem Moment empfand, steht für sie stellvertretend für den Geist der Blaulichtfamilie, der an diesem Tag gefeiert wurde: „Wenn wir uns gegenseitig unterstützen und wertschätzen, können wir auch in schwierigen Zeiten bestehen.“

Jörg Wesemann, Polizeidirektor Rotenburg und Einsatzleiter im Fall Arian, erinnerte sich bei alle Frustrationserfahrung vor allem das gute Zusammenwirken aller Helfenden damals. Dieser Einsatz habe gezeigt, wie die Zusammenarbeit der Blaulichtkräfte auf gegenseitigem Respekt und einem gemeinsamen Ziel beruht. Es sei genau dieser Zusammenhalt, der die die Blaulichtgemeinschaft stärkt und ihnen auch in herausfordernden Zeiten die nötige Kraft verleiht.

Marcus Christ, Leiter des Kirchlichen Dienstes in Polizei und Zoll, erzählte die Geschichte von Leonie, einer Polizeikommissarin, die in einer Extremsituation ihre Dienstwaffe einsetzen musste. Nach dem Einsatz begann ein innerer Konflikt, der sie stark belastete: „Hätte ich doch anders handeln sollen? Hätte man den Messerangriff anders abwehren können?“ schildert Christ die Gedanken, die Leonie quälen. Er beschreibt, wie solche Erlebnisse viele Polizeibeamtinnen und -beamte verfolgen und wie die Polizeiseelsorge in diesen schwierigen Momenten Unterstützung bietet. „Solche oder ähnliche Berichte höre ich von Polizeibeamtinnen und -beamten, wenn sie mit lebensbedrohlicher Gewalt konfrontiert wurden und selbst Gewalt anwenden mussten, um die Gefahr abzuwenden. Hier bietet die Polizeiseelsorge einen geschützten Raum und kann den betroffenen Beamtinnen und Beamten seelsorglich beistehen und sie begleiten.“ Die Seelsorge gibt Raum, die Erfahrungen zu verarbeiten, und hilft dabei, wieder Kraft für den herausfordernden Alltag zu schöpfen.

Die zentrale Aussage des diesjährigen Blaulicht-Gottesdienstes „Wir stehen zusammen“ sollte alle daran erinnern, dass niemand diese Herausforderungen allein meistern muss – weder die Einsatzkräfte noch die Menschen, für die sie sich täglich einsetzen.

Der Ökumenische Blaulicht-Gottesdienst wird jährlich in Lüneburg gefeiert und soll ein Ort der Reflexion und des Dankes für alle Blaulicht-Teams sein. Die Veranstaltung ist in Lüneburg zu einer wichtigen Tradition geworden, die Menschen im Einsatz für die Gesellschaft sichtbar unterstützt.
Erstmals fand der Blaulicht-Gottesdienst dieses Jahr im Zusammenhang mit dem Lüneburger Blaulichttag statt und bildete den feierlichen Auftakt des sogenannten Erlebnissonntages.

Anne-Katrin Schwanitz