Celle. Holger Reiss lässt sich jetzt erstmal ein Tattoo machen. Vielleicht eine Rakete? Ein Dinosaurier? Oder doch ein Regenbogen? Die Qual der Wahl für den Kirchenkreissozialarbeiter im Flur des Urbanus-Rhegius-Hauses in Celle. Doch Reiss hat in den vergangenen Wochen schon ganz andere Dinge gestemmt, das Tattoo – sorgfältig aufgeklebt von Kirchenkreisjugendwartin Susanne Mauk – ist da tatsächlich nur hübsches Beiwerk.
Das eigentliche Werk verbirgt sich wenige Meter weiter im großen Saal. Hinter vollgepackten Tischen sitzen Bettina Ralva und Behiye Uca und warten auf die Besucherinnen und Besucher. Malblöcke, Knete, Buntstifte, Radiergummis, Tuschkästen, Brotdosen – das volle Programm für einen vollgepackten Schulranzen. „Startklar für den Schulanfang“ heißt das durch Spenden finanzierte Projekt der Kirchenkreissozialarbeit. Eine kostenlose Börse für allerlei Utensilien, die zum Schulanfang eine ganze Menge Geld kosten und nicht von jedem Haushalt so einfach gestemmt werden können.
Deborah hat über die sozialen Medien von der Börse erfahren. Unterstützung hat diese Frau nötig: Die 35-Jährige ist alleinerziehende Mutter von Drillingen, die im Sommer eingeschult werden – die Dreifachbelastung zum Schulstart geht richtig ins Geld. „Ich mag die Atmosphäre hier“, sagt sie, während ihre Kinder von Mitarbeiter*innen der Evangelischen Jugend geschminkt werden oder sich von Diakon Sebastian Schulze einen Button pressen lassen. „Ich hätte gedacht, hier geht es tatsächlich zu wie auf einem Basar.“ Stattdessen verteilen sich die Familien über den Tag, knapp 80 Kinder werden es am Ende sein, die sich die Jutebeutel mit ihrem Starterset für den Schulbeginn vollpacken können.
Auch Anna ist mit ihrer Tochter Emilia gekommen, die Siebenjährige freut sich schon auf die Schule. Ihre Mutter sagt: „Ich bin dankbar für diese tolle Aktion, so was hilft echt weiter.“ Beobachtet wird sie von Superintendentin Dr. Andrea Burgk-Lempart, die neben dem eigentlichen Inhalt der Schulstart-Börse das Miteinander der verschiedenen Kirchenkreis-Institutionen feiert: „Kirchenkreisjugenddienst, Kirchenkreissozialarbeit, Diakonisches Werk – ich finde es fantastisch, wie hier alle gemeinsam anpacken und dem diakonischen Gedanken ein Gesicht geben.“
Um 20 Uhr endet für die Mitarbeitenden ein langer Tag, der samt Vorbereitung schon seit 8 Uhr im Gange ist. Von den durch Spenden von familia, Edeka, Rheinmetall und vor allem der Celleschen Zeitungs-Aktion „Mitmenschen in Not“ finanzierten Blöcke und Stifte sind noch einige übrig geblieben, sie sollen die Grundlage bilden für zukünftige Aktionen, wie Holger Reiss verrät. „Einige Kinder in Celle werden ihre Schullaufbahn mit einem Defizit beginnen“, hatte der Kirchenkreissozialarbeiter im Vorfeld vermutet. Die Börse im Urbanus-Rhegius-Haus hat ihren Teil dazu beigetragen, dieses Defizit zu verringern.
Bild: Alex Raak
Alex Raack