Viele Christen sind nicht mehr eng mit ihrer Kirchengemeinde verbunden. Manch eine weiß gar nicht, zu welcher Gemeinde sie gehört. Wo also eine Taufe oder Hochzeit anmelden? Die evangelische Kirche bietet Segensbüros an, die sich um alles kümmern.
Bassum, Kr. Diepholz/Osnabrück. Die evangelische Kirche geht bei Taufen, Konfirmationen, Hochzeiten und Beerdigungen zunehmend auf die Wünsche der Menschen ein. Segensbüros böten in Städten wie Hamburg oder Berlin zentrale, niedrigschwellige Anlaufstellen, an die sich Interessierte unabhängig von ihrer Kirchengemeinde auch mit eigenen Ideen wenden könnten, sagte der Münsteraner Theologieprofessor Traugott Roser am Mittwoch in Bassum bei Diepholz dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sie organisierten Tauffeste in der Natur, spontane Popup-Hochzeiten oder individuell gestaltete Trauungen im Privatgarten.
Obwohl viele Gläubige nicht mehr eng mit ihren Gemeinden verbunden seien, hätten sie an besonderen Stationen ihres Lebens das Bedürfnis, einen persönlichen Segen zugesprochen zu bekommen, sagte Roser. „Viele wissen aber nicht, an wen sie sich wenden sollen oder sind mit kurzen Öffnungszeiten von Gemeindebüros konfrontiert.“ Deshalb seien Segensbüros eine gute Ergänzung, sagte der Theologe am Rande des Generalkonvents von rund 150 Pastorinnen und Pastoren im Sprengel Osnabrück. Der Kirchenbezirk umfasst etwa 115 Gemeinden in der Stadt Osnabrück und den Landkreisen Osnabrück und Diepholz. Der Professor für praktische Theologie und Johanna Friese vom Segensbüro Berlin stellten den Teilnehmenden ihre Erkenntnisse und Erfahrungen vor.
Er halte es für einen Erfolg versprechenden Ansatz, wenn Kirche sich auch angesichts der Konkurrenz etwa durch Hochzeitsplaner und freie Trauerredner professioneller aufstelle, betonte Roser. Der Osnabrücker Regionalbischof Friedrich Selter sagte, viele Menschen seien mit den traditionellen Ritualen für Taufen, Bestattungen oder Trauungen und auch den Kirchengebäuden nicht mehr vertraut. Sie wollten eigene Ideen einbringen. Er sehe das als positive Herausforderung. An anderen Orten Menschen segnen zu dürfen heiße, „Gott und die Welt, Glaube und Lebenswelt miteinander in Beziehung zu bringen“.
Das in Berlin vor rund zwei Jahren gestartete Segensbüro an der Genezareth-Kirche sei vor allem mit Popup-Hochzeitsfestivals erfolgreich, berichtete Pastorin Johanna Friese. Im vergangenen Jahr hätten sich 72, in diesem Jahr 58 Paare segnen lassen - inklusive Sektempfang, Rikschafahrt und anschließender Party. Viele seien aus anderen Städten eigens angereist. Nur wenige hätten sich kirchlich trauen lassen. Das Angebot richte sich vor allem an Menschen, für die aus verschiedenen Gründen eine klassische kirchliche Hochzeit nicht infrage komme, etwa weil sie standesamtlich nicht verheiratet seien.
Auch individuelle Segenswünsche etwa zum Wechsel von der Kita in die Grundschule, wenn das Kind für längere Zeit ins Ausland gehe oder zum 20. Hochzeitstag würden nachgefragt, sagte Friese. Vor kurzem sei eine Jugendliche eigens für ihre Konfirmation aus Mainz angereist. Die Kontakte kämen häufig über Instagram zustande. Wichtig sei den Menschen auch die seelsorgerliche Zuwendung. Auch bei Popup-Veranstaltungen werde deshalb immer ein vorbereitendes Gespräch vorgeschaltet.