Margret Nolles als Sprecherin der Lektoren- und Prädikantenarbeit verabschiedet

Ganz aufhören? Für Margret Nolles undenkbar. Als Lektorin und Mitglied des Kirchenvorstands in Wehmingen wird Margret Nolles weiter mitwirken. Foto: Martina Prante.
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Wehmingen/Hildesheim. Wo immer in Europa sich Margret Nolles auf Reisen befand, „habe ich jede Kirche angeschaut und den Gottesdienst besucht", erzählt die 79-Jährige. Sie habe ein großes Faible für religiöse Kunstwerke, aber in ihrer Beziehung zur Religion sei sie lange auf der Suche gewesen. Erst in ihrer Arbeit als Lektorin für den Evangelischen Kirchenkreis Hildesheim-Sarstedt und den Nordsprengel habe sie Gewissheit gefunden. „Ich bin eingebunden in etwas, wo ich in schwierigen Situationen weiß: Er wird mir die Kraft geben, das zu bestehen."

Lektorinnen und Lektoren leiten ehrenamtlich Gottesdienste als Vertretung für Hauptamtliche und tragen dabei eine vorbereitete Lesepredigt vor. Prädikanten und Prädikantinnen sind ebenfalls ehrenamtlich aktiv, dürfen aber selber Predigten verfassen und auch das Abendmahl austeilen. Seit 1980 hat die Wehmingerin als Lektorin im gesamten Kirchenkreis 1131 Gottesdienste - einige sogar auf Plattdeutsch - gestaltet, kennt fast alle Gotteshäuser der Region, hat ungezählte Pastorinnen und Pastoren kommen und gehen sehen. Am 9. Mai wurde sie nach 34 Jahren als Sprecherin der Lektoren- und Prädikantenarbeit des Kirchenkreises in der Hildesheimer St.-Lamberti-Gemeinde verabschiedet.

Doch ihr Amt als Lektorin wird die gelernte Bürokauffrau, die 42 Jahre bei der Bundeswehr angestellt war, behalten: „Das macht mir einfach Spaß." Denn auf das Vorlesen hat sie sich nie beschränkt. Sie beschäftige sich ausgiebig mit dem Thema der Predigt. „Ich hinterfrage, lese viel dazu, beobachte und gehe in die Tiefe." Und dann schreibe sie die Predigt neu, um den Menschen in der Kirche das Thema in eigenen Worten und mit Beispielen zu vermitteln. Ihr Anspruch dabei: „Ich will keine theologischen Höhenflüge und verklären, sondern realistisch und nah am Leben erzählen." Nicht nur die Konfirmandinnen und Konfirmanden hätten das mit einem Besuch in ihrem Gottesdienst gedankt: „Mich verstehen die."

Inzwischen allerdings diskutiere sie auch auf theologischer Ebene mit ihrem Mentor und Freund Pastor Harm-Dietrich Henke, der sie vor Jahrzehnten  zur Lektorenarbeit überredet und immer unterstützt habe, betont sie. Aber Nolles ist überzeugt, dass neue Formen pfarramtlicher Arbeit entwickelt werden müssen: „In den Gottesdienst kommen fast nur alte Leute. Das kann so nicht bleiben."

Dabei hatte Nolles, die noch in diesem Jahr 80 Jahre wird, immer mehr mit Sport als mit Kirche am Hut. „Ich habe mein Leben lang geturnt und Leichtathletik gemacht, das Kinderturnen beim SV Wehmingen geleitet, 24 Zeltlager organisiert, internationale Jugendcamps betreut, ungezählte Turnfeste besucht und war und bin immer noch aktiv", erzählt sie. Auf der Strecke geblieben sei bei soviel Aktion die Zeit für eigene Kinder.

Eigentlich würde sie gern einige ihrer vielen Ämter abgeben, „doch die lassen mich nicht". Und die Verantwortlichen wissen, warum: Nolles ist neugierig, redegewandt, integrativ und ein Organisationstalent. „Eine Ausnahmeerscheinung", bestätigt Pastor Rainer Schwartzkopff als Beauftragter für Lektoren- und Praktikantenarbeit des Nordsprengels. „Sie hat im Ehrenamt für ,unsere Kirche' sehr viel Gutes getan."

So gehört Nolles seit 1976 zum Kirchenvorstand des 750-Einwohner zählenden Sehnder Ortsteils Wehmingen, betreut einmal im Monat die Seniorinnengruppe Spätlese, übernimmt die Besuche zum Geburtstag, ist im Vorstand der Frauenunion Sehnde, im Landfrauenverein und natürlich im Vorstand des Sportvereins. Als Sprecherin der Lektorinnen und Prädikanten (im Kirchenkreis sind es 44, im Sprengel 230) war sie für die Fortbildung zuständig, hat Referentinnen und Referenten besorgt, Themen ausgesucht, Impulse gesetzt. „Das habe ich mit Pastor Schwartzkopff gerne beim Frühstück in meiner Wohnung besprochen", erinnert sich die 79jährige. Denn Essen und Kochen mag sie gern, allerdings keinen Kuchen. Nolles ist Selbstversorgerin und beackert ihren großen Garten noch selber. „Meine Jugend mit wenig Geld hat mich geprägt", erzählt sie. Deshalb kann sie mit der heute üblichen Bestellmentalität nichts anfangen.

An ihren Positionen im Vorstand schätzt das Energiebündel besonders, „dass dort inzwischen viele jüngere Menschen mitmachen". Das gefällt ihr. Denn das „ewige Gejammer über Krankheiten und die Kaffeetrinkerei hasse ich". Da ist Margret Nolles doch lieber aktiv und mitten im Geschehen. Im Sportverein oder am Lesepult.

Martina Prante / Kirchenkreis Hildesheim-Sarstedt