Innehalten im Herbst
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Andacht am 20. Sonntag nach Trinitatis
Zugegeben: Wenn ich an Wochentagen morgens sehr früh aufstehe, kostet das im Herbst oft mehr Überwindung als im Frühling oder Sommer. Oft empfängt mich beim Hunde-Spaziergang um kurz vor sechs noch Dunkelheit, nicht selten auch Regen. Und die Temperaturen können schon mal bis an den Gefrierpunkt oder darunter gehen.
Und doch: Ich mag den Herbst mit seinen dunkleren kühlen Tagen. Mit der Gemütlichkeit im warmen Haus, den Lichtern und den Gebräuchen, Ritualen und besonderen Tagen, die zu dieser Jahreszeit gehören. Die Kastanien, die mir auf dem Weg zur Arbeit vor die Füße fallen. Früher habe ich damit gebastelt, heute sammelt meine Tochter eifrig und baut allerlei Figuren zusammen. Und nicht fehlen dürfen natürlich auch die Umzüge mit den vielen Laternen und den altvertrauten Liedern.
Und dann gehören auch der Reformationstag und der Martinstag, der Buß- und Bettag und der Ewigkeitssonntag fest in meinen Oktober und November. Tage, die mich innehalten lassen, besonders die letzten. Gedanken an Menschen, die gestorben sind. Der Besuch auf dem Friedhof.
Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht (Genesis 8, 22).
Ich brauche diese jahreszeitliche Abfolge. Besonders in Zeiten, in denen ich sehr eingespannt bin und in denen viel geschieht, gibt sie mir Halt und Orientierung. Die vertrauten Rituale aus der Kindheit und die Anlässe, die mich auch mit Dingen und Gefühlen konfrontieren, die ich sonst gerne beiseite schiebe, tun mir gut. Denn auch diese dunklen Seiten sind Teil meines Lebens.
Und da nehme ich es dann auch in Kauf, dass ich morgens eher widerstrebend aufstehe.
Benjamin Simon-Hinkelmann