Startseite Archiv Tagesthema vom 27. Oktober 2019

Mühselig selig

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Andacht am 19. Sonntag nach Trinitatis

Fangen wir noch einmal ganz von vorne an und gehen mitten hinein. Als Gott Himmel und Erde schuf.

Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bilde Gottes schuf er ihn, als Mann und Frau schuf er sie. (1. Mose 1,27)

Dieser Satz über Sinn und Werden des Menschen ist ein besonders kostbarer Satz in der Bibel. Er beschreibt den Menschen als kostbar. Der Mensch an sich ist ein Bildnis Gottes – als Mann und als Frau. Das zu begreifen hat die Menschheit lange gebraucht. Es bedeutet aber, dass Gott nicht festzulegen ist auf ein Geschlecht, im Zweifelsfall auf die Männlichkeit. Gott ist mehr als menschliche Eigenschaften. Gott vereint in sich auch Eigenschaften, die wir Menschen nur konträr denken können: Männlichkeit und Weiblichkeit. Entweder oder. Wie wäre es, wenn er auch Krankheit und Gesundheit in sich vereinen würde?

Jeder Mensch ist Gottes Ebenbild. Das macht jeden Menschen einzigartig kostbar. Wenn aber wirklich jeder Mensch so kostbar ist, ist kein menschliches Leben – in Gottes Augen – an sich defizitär. Und deshalb gibt es – aus Gottes Sicht – auch kein Recht auf ein gesundes, unbehindertes Leben. Menschen mit Down-Syndrom werden nicht dadurch Menschen mit Lebensrecht, dass sie fröhlich sind. Auch unglückliche Menschen sind Gottes Ebenbild, weil sie von Gott so geschaffen und so erdacht sind.

Das ist gelinde gesagt eine Aufgabe. Wir müssen mit dem leben, was Gott geschaffen hat. Dass das Gottes gute Schöpfung ist, ist einerseits wichtig und gut zu wissen. Andererseits erlebe ich diese Schöpfung nicht immer so. Auch mich selber nicht. Ich hätte mir gewünscht, dass Gott eine andere Idee gehabt hätte, als er mich gemacht hat.

Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken.

Das sagt Jesus zu uns. Mühsam und beladen ist menschliches Leben. Immer wieder. Manches auch sehr lange. So leben wir. So leben wir als kostbare Bilder Gottes. Uns von Jesus Christus erquicken zu lassen, soll es uns leichter machen und uns ein Anreiz sein, uns gegenseitig mühsames und beladenes Leben erquicklicher zu machen.

Amen.

Jakob Kampermann
Bild: MabelAmber/pixabay.com

Der Autor unserer Andachtsreihe

Mein Name ist Jakob Kampermann. Ich bin 41 Jahre alt und war bis vor Kurzem Pastor in einer Kirchengemeinde im Westen von Hannover. Die Vielfältigkeit des Berufes von der Öffentlichkeitsarbeit über die Gestaltung von Gottesdiensten bis zur Seelsorge hat mich immer gereizt. Tut sie noch immer.

Ich bin verheiratet und habe mit meiner Frau zwei Töchter. Seit gut 20 Jahren lebe ich mit der Diagnose „Multiple Sklerose“, einer Erkrankung des zentralen Nervensystems, was mich zunehmend motorisch eingeschränkt. Seit acht Jahren muss ich einen Rollstuhl benutzen.

Aus biografischen Gründen ist also mein Fragen nach Behinderungen, christlichem Glauben und unserem Gott besonders dringlich. Darüber schreibe ich in sechs aufeinanderfolgenden Andachten.

Pastor Jakob Kampermann

Der Bibeltext

Kommt her zur mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken.

Matthäus 11,28
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Bild: Wiebke Ostermeier/lichtemomente.net