Startseite Archiv Tagesthema vom 05. Mai 2019

Der Hirte und seine Herde

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Andacht zum Sonntag Misericordias Domini

Der gute Hirte und seine Schafe. Als Johannes diese Geschichte aufschrieb, wollte er uns ein Bild malen. Ein Bild von der Familie Gottes. Und er wollte uns sagen, wer Jesus eigentlich war und ist und was er für uns getan hat. Johannes sagt etwas über die Kirche, die Familie und über den, der diese Familie gegründet hat und erhält.

In der Welt von Jesus und Johannes waren Schafe äußerst kostbar. Schafe lieferten Wolle, Fell und Fleisch, Milch und Dung, vieles von dem, was zum Leben notwendig ist. Von den Schafherden hing buchstäblich die Existenz vieler Menschen ab. Wenn wir also in diesem Wort Jesu mit Schafen gleichgesetzt werden, dann bedeutet das, dass wir sehr, sehr wertvoll und wichtig sind.

Und was bedeutet es, wenn Jesus, der Sohn Gottes, sein Leben für seine Schafe lässt? Jesus selbst erklärt es: "ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen. Was mir mein Vater gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann es aus des Vaters Hand reißen. Ich und der Vater sind eins." Wer zu seiner Schafherde gehört, hat das ewige Leben.

Und wer gehört dazu? Gott sei Dank gibt es im Text des Johannesevangeliums darauf keine klare Antwort! Es ist nun mal eine menschliche Eigenart bestimmen zu wollen, wer dazu gehört und wer nicht. Wer evangelisch und wer katholisch und wer orthodox, wer richtig und fromm lebt und wer nicht. Wir lieben es, Regeln aufzustellen, Mauern hochzuziehen und Gräben auszuheben.

Im Bild mit dem Hirten und seiner Herde sind wir davon ganz weit entfernt. Denn es heißt ganz schlicht: "Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich, wie mich mein Vater kennt; und ich kenne den Vater." Jesus ist gestorben und auferstanden, damit wir alle eins sind. Er macht uns zu seiner Familie.

Und das geht über alle Grenzen hinaus. Denn Jesus sagt weiter: "Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden."

Jemand schrieb zu diesem Satz: "Mich stimmt kein anderer Satz der Bibel so froh wie dieser. Wir sind keine Ein-Stall-Gesellschaft. Auch nicht in der Kirche. Nicht alle müssen in derselben Weise blöken. Und wir müssen schon gar nicht denselben Stallgeruch an uns haben. Im Gegenteil: Es ist nicht der eine, enge und muffige Stall, der die Einheit der Herde begründet. Es ist vielmehr der eine Hirte, der die zusammenhält, die es sonst gar nicht miteinander aushalten würden."

Niemand kann vorhersagen, wie unsere Kirchen in Zukunft aussehen werden. Sicher ist nur, dass Gott uns in seine Familie aufgenommen hat. "Meine Schafe hören meine Stimme," sagt Jesus, "und ich kenne sie und sie folgen mir".

Amen.

 

Johannes Neukirch
Bild: diego_torres/pixabay.com

Der Bibeltext

Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.

Der Mietling, der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht – und der Wolf stürzt sich auf die Schafe und zerstreut sie , denn er ist ein Mietling und kümmert sich nicht um die Schafe.

Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich, wie mich mein Vater kennt; und ich kenne den Vater. Und ich lasse mein Leben für die Schafe.

Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden.

Johannes 10, 11-16
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Bild: Wiebke Ostermeier/lichtemomente.net

Der Autor

Dr. Johannes Neukirch