"Die Atmosphäre ist sehr gechillt"
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Christian von der Heydt (21) aus Hannover hat einen ganz speziellen Freiraum geschaffen – und hunderte junge Leute haben Spaß daran. In der Lutherkirche gibt es jetzt „Silent Parties“, stille Partys. Die Musik zum Tanzen kommt über Kopfhörer – und neben der Tanzfläche ist es leise genug zum Reden. Von der Heydt studiert Informatik, er ist Vorsitzender der Evangelischen Jugend in Hannover.
Herr von der Heydt, eine Party ohne laute Musik, was soll das?
Ich habe das vor Jahren mal in einem Film gesehen und das hat mir gefallen. Der Gedanke der „Silent Partys“ ist, dass man sich mit anderen auch unterhalten kann. Wir hatten bislang zwei Partys – und die Idee kommt super gut an, zuletzt waren rund 300 Leute da.
Jeder Besucher trägt einen Kopfhörer und kann zwischen drei DJs mit verschiedenen Musikrichtungen auswählen. Aber ist es nicht irgendwie Sinn einer Party, gemeinsam zu tanzen?
Das passiert hier doch. Die Kopfhörer zeigen mit farbigem Licht an, bei wem welche läuft, da können Leute zusammen tanzen, müssen aber nicht. Eigentlich ist es so, dass hier sogar Menschen zusammen tanzen, die das sonst gar nicht tun würden. Jeder kann die Musikrichtung hören, die er sonst in seinem Club hört, kann aber mit Freunden herkommen, die ganz andere Musik mögen.
Ihre Partys laufen in der Lutherkirche. Ganz altmodisch gefragt: Was hat denn das mit Kirche zu tun?
Die Lutherkirche ist in Hannover Jugendkirche, wir teilen sie uns mit der Kirchengemeinde. Uns hat es gereizt, die Party in der Kirche auszuprobieren, so ein Angebot fehlte uns. Wir haben uns gefragt: Wo sind die Leute, die nicht mehr in der Kirche sind, wie können wir sie erreichen? Und Jugendliche machen eben gern Party. Und „Silent Partys“ gab es in Hannover erst ganz wenige. Gefühlt sind wir die ersten, die das als längerfristiges Format machen. Die Atmosphäre ist übrigens sehr gechillt, die Leute benehmen sich in einer Kirche doch ein wenig entspannter.
Erreichen Sie denn junge Leute, die sonst nicht mit der Kirche nichts zu tun haben?
Unsere Teamer*innen, die hier an ihren T-Shirts zu erkennen sind, kommen mit den Besucherinnen und Besuchern ins Gespräch, wir schätzen, dass etwa die Hälfte sonst nicht in die Kirche geht. Da werden wir dann auch oft gefragt: Warum habt Ihr denn diesen Ort ausgesucht, habt Ihr mit Kirche zu tun?
Das fällt auf, auf der Homepage der „Silent Party“ muss man gründlich suchen, um die Worte „Evangelische Jugend“ zu finden.
Wir hängen das mit Absicht nicht so nach oben. Wir wollen, dass sich die Leute erstmal wieder in die Räume trauen und eine positive Erfahrung machen. Wir denken, das kann auf lange Sicht Einfluss darauf haben, wie sie über Kirche denken.
Sind Sie und die Teamerinnen und Teamer auf den Partys Seelsorgende?
Ich weiß nicht, ob Leute auf Partys für Seelsorge empfänglich sind, aber unsere Teamer können in jedem Fall Ansprechpartner nennen.
Herr von der Heydt, ist die „Silent Party“ auch für Sie ein Freiraum?
Das ganz Projekt, ja! Ich habe das zum Schwerpunkt meines Freiwilligen Sozialen Jahres gemacht. Da waren wir als Evangelische Jugend von Anfang an Entscheidungsträger, wir haben das organisiert und durchgezogen. Es ist ein echter Freiraum für mich, sowas in Gemeinschaft mit anderen umzusetzen.
Die letzte „Silent Party“ hat bis kurz vor vier Uhr morgens gedauert. Wie verabschieden Sie die Leute?
Mit einem Segen!
Dirk Altwig/Themenraum