„Stell dir vor, es ist Montag und alle wollen hin“
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Arbeit neu und anders denken – ein „Freiraum“ - Studientag in Hannover mit Catharina Bruns und Dirk Osmetz
Es war zwar Mittwoch, aber ja: Alle wollten hin. Aus verschiedensten Arbeitsbereichen der Landeskirche trafen sich 80 Interessierte, darunter vierzig Führungskräfte, in Hannover zum Thema New Work. „Die Zeit der reinen Erwerbsarbeit geht zuende. Die Industriegesellschaft geht über in eine Wissensgesellschaft. Dazu braucht es eine neue Arbeits- und Führungskultur, um den Wandel zu einer selbstbestimmten, unternehmerischen Arbeitshaltung des einzelnen mitzugestalten.“
Referentin Catharina Bruns kann es sich nur so vorstellen: Entrepreneurship ist gefragt. Führungskräfte können und müssen zukünftig Entwicklungshelfer sein. Ermöglichen, dass sich die Kultur in einem Unternehmen, einer Organisation so verändert, dass jede und jeder seiner Berufung folgen und mit höchstmöglicher Gestaltungsfreiheit zufrieden arbeiten kann. Also kommunizieren auf Augenhöhe, coachen, neuen Ideen Raum geben, Verantwortung teilen. Klingt gut. Nach biblischem Menschenbild und protestantischer Freiheit. Muss also gehen. Gerade in Kirche. Spirit ist ja da, sollte man meinen. Und manches davon passiert auch schon.
Dass dies aber auch so seine Tücken haben kann, wenn sich eine große, traditionsreiche Institution wie z.B. eine Landeskirche wandeln will, das war das Thema von Dirk Osmetz. Dass man neuen Wein nicht in alte Schläuche füllen kann – klar. Aber wie geht Experimentierfreude und radikale Innovation, wenn gleichzeitig ein hohes Maß an Partizipation und Rechtssetzung das Betriebsgeheimnis ist? Nur mit langem Atem und „Musterbrechen“. Und: „Wer Veränderung will, fängt am besten bei sich selbst an, lässt sich auf Überraschungen ein“, rät der Referent. Ist vielleicht sogar manchmal ungehorsam.
Hingabe, Kreativität und Eigeninitiative sind dafür unerlässlich. Nur wer als Führungskraft „Musterbrecher“ wird, kann das System verändern. Und das ist dringend nötig. Denn schließlich wird die Arbeitswelt zunehmend „VUCA“. Das ist irgendwie hip und Englisch und bedeutet so viel wie unbeständig, komplex und ungewiss. Also eigentlich kirchengemeindlicher Arbeitsalltag. Da braucht es neue Dynamik. Wem hier die erstarrten Jünger Jesu und der erfrischende Geist von Pfingsten einfallen, der ahnt vielleicht, dass dieses Denken für Christen gar nicht so neu ist.
Und dass am besten der führt, dem die Menschen folgen, weil er es schafft Beziehung herzustellen, davon weiß ein Petrus ebenso viel zu erzählen, wie eine Maria Magdalena. Was also tun? Verbündete suchen und experimentieren. Also nicht nur nachdenken und reden, sondern handeln und Raum schaffen. Gestern war noch „fresh X“ oder „Kirche*2“. Jetzt also auch „New Work“. Wäre ja stimmig, wenn man uns die „Frohe Botschaft“ auch in unserer Arbeitskultur abspürt. Einfach machen. Überraschungen zulassen. Manchmal passieren Wunder.
Stephanie von Lingen, Superintendentin im KK Leine-Solling