„Sie gaben mir nichts, sie hatten ja auch nichts. Aber sie teilten, was sie hatten!“
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Michael Thiel vom Evangelisch-luhterischen Missionswerk Niedersachsen (ELM) besuchte Flüchtlinge in der Provinz Gambella in West-Äthiopien
Unter dem Terebinthenbaum saßen wir mit vielen Vertretern und Vertreterinnen des Dorfes Opanya in der Region Gambella im Westen Äthiopiens. Den ganzen Tag hatten die Menschen schon auf uns gewartet. Wir waren da noch auf der Schotterpiste unterwegs.
Wir Besuche*innen und Mitarbeitende der Diakonieabteilung der Kirche nehmen auf den Stühlen Platz, die Besuchten weitgehend auf der Erde. Auf einem langen Rohr sitzen 20-30 Kinder und staunen. Sie sind die ganze Zeit ganz still.
In diesem Dorf nahe der südsudanesischen Grenze kamen schon vor Jahren die ersten Geflüchteten an. Ein junger Mann erzählt: „Sie gaben mir nichts, sie hatten ja auch nichts. Aber sie teilten, was sie hatten!“ Ich wurde spontan an die Speisung der 5.000 erinnert: „Sie brachten, was sie hatten und am Ende reichte es für alle.“
Die äthiopische Partnerkirche hat in dem Dorf schon lange eine Gemeinde. Sie unterstützt die Menschen, indem sie Saatgut besorgt, um neue Gemüsesorten wie Tomaten auszuprobieren und die Kinder der Geflüchteten mit Schulmaterial versorgt. Nach der Registrierung kommen sie in aller Regel in ein Lager der Vereinten Nationen. Einige bleiben in der abgelegenen Grenzregion hängen. Ein Friedensprogramm unserer Partnerkirche hilft Menschen, aufeinander zu hören, füreinander einzustehen und übereinander gut zu reden. Sehr einfach, aber offensichtlich sehr wirkungsvoll.
Da sitzen sie unter der Terebinthe. Männer und Frauen, Kinder. Nach den Höflichkeiten beginnen sie zu erzählen, von ihren Erfahrungen und ihrem Leben.
Schon morgens hatten wir über ein sehr einfaches, aber gutes Projekt gegen die Frühverheiratung gesprochen. 60 Frauen bieten Schutzräume für junge Mädchen an. Das gelingt und wird respektiert. Männer lernen, dass eine gebildete Frau ihnen am Ende viel mehr bedeuten kann als ein junges Mädchen.
Die Sonne steht schon tief, als wir uns die staubige Piste entlang wieder auf den Weg machen. Natürlich nehmen wir noch eine junge Frau mit ihrem Kind und dem Gepäck mit. Typisch Afrika denke ich, aber was habe ich von diesem großen Kontinent schon gesehen?
Auf jeden Fall genug, um zu sagen: „Ja, es lohnt sich, dass wir uns an diesem und anderen Orten engagieren!“ Damit viele Menschen selbstbestimmt leben und etwas weitergeben können.
Michael Thiel, Direktor des Ev.-luth. Missionswerks Niedersachsen (ELM)