Startseite Archiv Tagesthema vom 22. November 2017

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Dialog-Gottesdienst zum Buß- und Bettag

Niedersachsens scheidende Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) hat die Abgeordneten des Landtags zur kritischen Selbstprüfung aufgerufen. Politiker müssten sich die Frage stellen: "Sind wir bereit und in der Lage, unsere Maßstäbe immer wieder neu zu überprüfen und sie am Gemeinwohl zu kalibrieren?", sagte sie am Mittwoch in einem Gottesdienst zum Buß- und Bettag in der evangelischen Marktkirche in Hannover. Zu dem Gottesdienst waren rund 300 Besucher aus Landespolitik, Kirche und Gesellschaft gekommen, unter ihnen Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und CDU-Landeschef Bernd Althusmann.

Im "Dickicht der eigenen und fremden Interessen" und in Zeiten "alternativer Fakten" sei die Wahrheit oft nur schwer erkennbar, sagte Niewisch-Lennartz in einer Dialogpredigt mit der hannoverschen Landessuperintendentin Petra Bahr: "Greifen wir nicht einfach bei dem zu, was politisch nutzt, lassen es als Wahrheit gelten und prüfen es vorsichtshalber nicht nach, weil es gut passt für den Angriff oder die Verteidigung?" Der Streit um Maßstäbe und um die Wahrheit, die nicht immer eine objektive Größe sei, bilde den Kern des politischen Geschäfts. Dabei seinem Gewissen zu folgen, könne auch bedeuten, "über den eigenen politischen Schatten zu springen".

Für die langjährige Richterin Niewisch-Lennartz war es die letzte öffentliche Amtshandlung als Justizministerin. Unmittelbar nach dem Gottesdienst trat der Landtag zusammen, um einen neuen Ministerpräsidenten zu wählen. Stephan Weil will mit der CDU in einer Großen Koalition regieren, während die Grünen in die Opposition gehen.

Auch Landessuperintendentin Bahr mahnte zur kritischen Selbstbesinnung: "Was wäre, wenn der andere recht hätte? Das ist nicht nur in der Demokratie, sondern auch in der Kirche eine ziemlich herausfordernde Frage", sagte sie. "Wer das Gericht Gottes als letzte Instanz ernst nimmt, der zögert, fragt, wartet ein paar Minuten länger mit der eigenen Meinung." 

epd

Buß- und Bettag

Evangelische Christen begehen heute (Mittwoch) den Buß- und Bettag. Auch wenn der Gedenktag in fast ganz Deutschland kein staatlicher Feiertag mehr ist, hat er seinen festen Platz im Kirchenjahr nicht verloren. Viele Gemeinden laden meist am frühen Abend zu Andachten ein, um auch Berufstätigen die Teilnahme zu ermöglichen. Begangen wird der Gedenktag immer am ersten Mittwoch nach dem Volkstrauertag. 

Besinnung, kritische Lebensbilanz und Neuorientierung stehen in der evangelischen Kirche am Buß- und Bettag im Mittelpunkt. Der Feiertag dient zudem dem Nachdenken über Themen wie Ausländerfeindlichkeit, Umweltzerstörung und die Ausgrenzung von Armen und Obdachlosen. 1532 im mittelalterlichen Straßburg offiziell eingeführt, wurde der rein protestantische Buß- und Bettag 1995 zur Finanzierung der Pflegeversicherung in allen Bundesländern außer in Sachsen ersatzlos gestrichen. 

epd