Startseite Archiv Tagesthema vom 26. Oktober 2017

Austausch der Kulturen

Die Darstellung der Archivmeldungen wird kontinuierlich verbessert. Sollten Sie Fehler bemerken, kontaktieren Sie uns gerne über support@systeme-e.de

Die Paten-AG der Offenen Ganztagsgrundschule Leonardo-da-Vinci in Wolfsburg

„Wir helfen  Kindern aus anderen Ländern dabei, sich in Wolfsburg zurecht zu finden. Wir machen mit ihnen Ausflüge oder kochen zusammen. So lernen sie die Sprache besser“, erklärt Ana. Die Viertklässlerin engagiert sich seit einigen Monaten in der durch die Initiative Zukunftsgestalten geförderten Paten-AG der Offenen Ganztagsgrundschule Leonardo-da-Vinci. Die AG besuchen einmal in der Woche deutschsprachige Kinder und italienische Kinder ohne Deutschkenntnisse zusammen.

„Wir haben festgestellt, dass die Anzahl der Kinder, die mit ihren Eltern von Italien nach Deutschland einreisen stark gestiegen ist. Häufig haben diese Kinder keine deutschen Sprachkenntnisse.  So sind wir auf die Idee gekommen, eine Paten-AG zu gründen“, erklärt Saskia Lorenz, Koordinatorin des Ganztags an der Schule. Helga Witke, Pädagogische Mitarbeiterin ergänzt: „Der verstärkte Zuzug lieg daran, dass Wolfsburg durch die europäische Finanzkrise die größte Einwanderung aus Italien seit den 1960er Jahren erlebt.“ Frau Witke leitet die Paten-AG.

Ziele der AG sind, dass die Kinder durch die Paten Orientierung und Sicherheit im Schulalltag erlangen, die deutsche Sprache schneller lernen und Möglichkeiten, Regeln und Rituale der Ganztagsschule bekannt werden. „Die deutschen und italienischen Kinder werden gemeinsam unterrichtet. Im Freizeitbereich treffen sich italienische Kinder mit Sprachbarrieren häufig untereinander. Wir hoffen, dass sich das durch die AG ändert“, erklärt Saskia Lorenz. Zunächst war geplant, dass von den zehn Kindern, die in die AG gehen, fünf kein oder wenig Deutsch sprechen und fünf Kinder bilingual erzogen sind. „Im Moment sprechen die meisten Paten allerdings kein Italienisch. Wir erleben, dass sich die Kinder auch so verständigen. Für die Paten ergibt sich ein vielfältiges Lernfeld“, so Saskia Lorenz weiter. „Viele der Kinder haben in größeren Gruppen Hemmungen in einer Sprache zu sprechen, die sie noch nicht so gut beherrschen. In der AG ist die Hemmschwelle geringer, weil vergleichsweise wenig Kinder in der Gruppe sind“, ergänzt Helga Witke. Falls die Sprachbarriere zu groß ist, kann Helga Witke helfen, denn sie spricht Italienisch. „Die Kinder haben im Spracherwerb schon deutliche Fortschritte gemacht. Dadurch wächst ihr Selbstvertrauen“, sagt sie weiter

Neben der Vermittlung von Sprachkenntnissen lernen die Kinder in der AG wichtige Details über die deutsche Kultur und ihre neuen Wahlheimat kennen. Es werden auch außerschulische Lernorte in verschiedenen Wolfsburger Institutionen einbezogen wie beispielsweise die Kinder - und Jugendbibliothek, Museen, das Jugendzentrum, das Rathaus und das Schloss Wolfsburg. Dabei hat sich eine besondere Kooperation mit dem Schloss Wolfsburg entwickelt. Die Kinder haben das Schloss mehrmals hintereinander besucht und aufeinander aufbauende Kurse zum Leben im Mittelalter mitgemacht.

Die Wege zu den Ausflugszielen legt die Gruppe zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück. „Dabei lernen die Kinder, wie man sich in Deutschland im Straßenverkehr verhält. Außerdem erfahren sie, dass Pünktlichkeit wichtig ist. Der Bus kommt zu einer bestimmten Zeit, also geht es nicht, fünf Minuten später an der Haltestelle anzukommen“, erklärt Helga Witke. „Langfristig wird durch diese Art der Integration die Möglichkeit vergleichbarer Bildungschancen eröffnet und die Eltern entlastet, die ihrerseits an Integrationsmaßnahmen teilnehmen können“, meint Saskia Lorenz.

Die Ausflüge sind für die Eltern kostenlos. Die Stadt Wolfsburg als Schulträger finanziert zu einem erheblichen Anteil das  Wolfsburger Ganztagsangebot. Im Rahmenkonzept ist verankert, dass das Aufsuchen außerschulischer Lernorte ein wichtiger Bestandteil des Ganztagsangebotes ist. Darüber hinaus wird die Schule durch verschiedene Kooperationspartner gefördert. Dies gilt nicht nur für die Paten-AG, sondern auch für andere Angebote der Schule. So fahren einige Kinder zum Beispiel jeden Montagnachmittag mit Helga Witke ins Badeland zum Schwimmkurs. Gesponsert wird dies über die Kids Foundation,  eine Stiftung der Volksbank BraWo. Hieran nehmen deutsche und italienische Kinder gleichermaßen teil. „Neben dem Erwerb der Schwimmfähigkeit können die Kinder ihre Sprachfähigkeit ausbauen und Ängste abbauen“, meint Helga Witke

Einmal im Monat kochen die Kinder in der Paten-AG gemeinsam. Heute ist es wieder soweit. Gemeinsam bereiten sie Bruschetta zu. In kleinen Teams gibt Frau Witke die Aufgaben Tomaten vierteln und Brote zu schneiden. Mit viel Elan und Spaß machen sie sich an die Arbeit. „Mir macht das Kochen in der Paten-AG am meisten Spaß. Das kenne ich auch schon von zuhause, denn ich helfe oft meiner Mutter“, erzählt Davide in schon gutem Deutsch. Der Zehnjährige kommt aus Italien und besucht die Paten-AG seit einigen Monaten. Die Kinder unterhalten sich die ganze Zeit miteinander und helfen sich gegenseitig bei der Zubereitung des Essens. Die Zutaten sind immer frisch und gesund. „Das ist mir wichtig, denn sie sollen lernen, wie eine ausgewogene Ernährung aussieht und wie Obst und Gemüse in ihrer unverarbeiteten Form schmecken“, erklärt Helga Witke. „Ich benutze oft Lebensmittel, die in Italien nicht weit verbreitet sind. Heute zum Beispiel Gurken.“ Die geschnittenen Gurkenscheiben verteilen einige der Kinder in den anderen AGs, „denn so lernen sie teilen“, sagt Helga Witke.

Doch nicht nur die italienischen Kinder lernen eine neue Kultur und Sprache kennen. „Zu Weihnachten und Ostern haben wir klassische Gerichte gekocht, die es in Italien gibt und ich bespreche mit den Kindern, wie dort diese Feste gefeiert werden“, erklärt Helga Witke. „Ich hoffe, dass ich in der AG italienisch lernen kann“, ergänzt Ana fröhlich.

Durch die Unterstützung der die Initiative „Zukunftsgestalten-Allen Kindern eine Chance“ der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers wird ein wesentlicher und wichtiger Beitrag zur Chancengleichheit für Kinder mit Sprachbarrieren geleistet. Die Schule, der Evangelisch-lutherische Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen, in dessen Trägerschaft sich der Nachmitttagsbereich befindet, die Mitarbeitenden und die Kinder bedanken sich dafür ganz herzlich.

Bild: pixabay.com

Zukunft(s)gestalten

Ziel der 2008 angeregten Initiative ist es, von Armut betroffenen Kindern und Jugendlichen gerechte Bildungs- und Teilhabechancen zu ermöglichen, damit sie am gesellschaftlichen Leben teilhaben können und ihnen Gemeinschaft mit anderen eröffnet wird.

Dieses Ziel hat die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers mittlerweile auf vielfältige Art und Weise verfolgt. Konstitutiv für „Zukunft(s)gestalten“ ist ein doppelter Schwerpunkt in den Handlungsfeldern Diakonie und Bildung bzw. Schule.

Kennzeichen dieses Projekts ist eine Vernetzung mit anderen Initiativen, Institutionen, Organisationen, Verbänden, Kommunen etc., die ebenfalls die Themen Armut und Bildung aufgreifen, um so lokale oder regionale „Bündnisse gegen die Armut von Kindern, Jugendlichen und Familien insbesondere auch im schulischen Bereich“ zu schließen.

Mit „Zukunft(s)gestalten“ hat die hannoversche Landeskirche innerhalb der EKD als erste eine konzertierte Aktion zur exemplarischen Armutsbekämpung bei Kindern und zur Ermöglichung von Teilhabe- und Bildungsgerechtigkeit erfolgreich in Gemeinden und Kirchenkreisen etabliert.

Bild: pixabay.com

Der Kirchenkreis

Der Kirchenkreis umfasst 29 Gemeinden. Rund 60.000 lutherische Christen gestalten Kirche in dieser Region, die nach wie vor von der Automobilproduktion bestimmt ist.

Die junge Stadt Wolfsburg bietet den Menschen ein hohes Maß an Lebensqualität. Der Kirchenkreis ist dabei ein wichtiger Faktor.

Gelungene moderne Kirchenbauten gehören dazu wie die schönen alten Dorfkirchen des Umlandes. Lebendige Gottesdienste laden zur Feier des Glaubens ein.

Die Kirchenmusik ist ein Beitrag zum kulturellen Leben. Diakonische Angebote zeugen von der praktischen Verantwortung.