Zu viel
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Andacht zum 19. Sonntag nach Trinitatis
Zu viele Stimmen, zu viele Bitten, zu viele Aufforderungen.
Es ist schön gebraucht zu werden. Sie verlassen sich auf ihn. Setzen alle Hoffnung auf ihn. Und er hilft gern.
Es ist schön gehört zu werden. Sie hören ihm zu. Hängen an seinen Lippen. Denn seinen Worten lässt er Taten folgen.
Es ist schön zu helfen. Es gibt auch ihm ein gutes Gefühl. Jedes Mal aufs Neue. Ihre Dankbarkeit fühlt sich gut an.
Doch es wird alles zu viel. Für den Moment zumindest. Am Abend, wenn es dunkel wird.
Alles ruht. Nur einer wacht. Denn die Stimmen klingen weiter in ihm. Klingen in seinen Ohren. Er sieht noch immer die Hände, die sich ihm entgegen strecken. Sieht die großen Augen. Sieht die Veränderungen, nachdem er sie berührt hat. Ihr Leben berührt hat und es besser gemacht hat. Dadurch, dass er ihnen zugehört hat. Als sie von ihren Sorgen, ihre Schmerzen erzählten. Er hat sie an ihre eigene innere Stärke erinnert.
„Dein Glaube hat dir geholfen.“ Geflüstert. Hinein in den Freudentaumel über verscheuchte Dämonen.
Er konnte anderen helfen. Doch nun sind sie zu seinen eigenen Dämonen geworden. Drängend und einfach zu viel. Sie verfolgen ihn in seine Nächte, so dass er selbst keinen Schlaf findet. Nur an den nächsten Tag und die nächste Aufgabe denken kann. Alles, was noch vor ihm liegt.
Und er muss sie hinter sich lassen. Sie vertreiben. Seine Dämonen. So wie er die Seelen und müden Körper der Anderen frei gemacht hat.
Er findet seinen Ort. In der Stille. Ganz für sich allein, weit weg von den Stimmen, Bitten und Ansprüchen.
Während die Sonne die ersten wärmenden hellen Strahlen über die Landschaft schickt, kniet er nieder, und spricht. Zu seiner eigenen inneren Stimme. Seiner eigenen inneren Stärke.
„Dein Glaube hat dir geholfen.“
Seine Kraft kommt zurück. Nach der Pause. Sie ist wichtig. Ausruhen und Kraft schöpfen.
Es gibt noch so viel zu tun. Er hat einen Auftrag zu erfüllen. So viele Menschen warten auf ihn. So viele, die an ihre eigene innere Kraft erinnert werden. So vielen gilt es zu helfen. So viele Bitten zu erfüllen. So viele quälende Sorgen zu vertreiben.
Ihnen kann er, und können sie, nur begegnen mit ihrem Glauben.
So viel Glauben.
Pastorin Vera Koch