Glaubenssplitter
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Kirchengemeinde Benthe und Lenthe veröffentlichen am 31.10.17 ein besonderes Buch
Die Kirchengemeinde Benthe und Lenthe veröffentlichen am 31.10.17 ein Buch mit dem Namen „Glaubenssplitter“. Es besteht aus 118 Beiträgen ihrer Gemeindeglieder: Erwachsene, Konfirmanden und Kinder, die etwas Persönliches über ihren Glauben schreiben.
Eine Begegnung im Fahrstuhl, ein zauberhafter Moment in der Natur, ein Unfall, der nur fast schlimm ausgegangen wäre – Gott lässt sich vielen Situationen des Lebens entdecken! Doch wer spricht schon davon? Ist Glaube nicht Privatsache? Im Buch „Glaubenssplitter“ öffnen sich Gemeindeglieder aus den vier Dörfern Benthe, Lenthe, Northen und Everloh bewusst dafür und erzählen: wie sie Gott persönlich sehen und erfahren haben – in Begebenheiten, auf Wegstrecken in Freude und Leid, in Bibelversen, Gebeten, Liedern und mehr. Und setzen damit auch ganz klar ein Zeichen: Glaube darf offen geteilt werden!
In der Tat ist der Glaube an Gott im Alltag kaum Gesprächsthema. Viele halten ihn für überholt. Viele zeigen kein Interesse mehr daran. Zudem gilt Glauben bei den meisten als Privatsache. Im sozialen Umfeld gilt es als unüblich und anstößig davon zu sprechen. Viele erleben so keinen Austausch dar-über, welche religiösen Gedanken und Hoffnungen ihre Mitmenschen bewegen und werden auch selbst nicht zum Sprechen darüber angeregt.
Für die Kirche, die sich als Gemeinschaft der Glaubenden versteht, ist dies ein Problem. Wo kaum noch über den Glauben gesprochen wird, erleben Menschen kaum mehr Austausch und Anregung darüber. Sie denken immer weniger darüber nach, wie und ob sie an Gott glauben. Sie sind Denken und Spre¬chen darüber immer weniger gewohnt. Und wo mal ein Ansatz von Glauben in ihnen war, geht er dann mit der Zeit verloren. Wo aber der Glaube schwächer und Glaubende weniger werden, ist auch die Gemeinschaft der Glaubenden bedroht.
Darum haben sich Gemeindeglieder der Kirchengemeinden Benthe und Lenthe vorgenommen, den offenen Umgang mit dem Glauben und den Austausch darüber mit einem Projekt anzustoßen: Von Dezember 2015 bis Dezember 2016 hat ein fünfköpfiges Team aus Kirchenvorstehern die Menschen in ihren Gemeinden aufgerufen, bewusst etwas von ihrem persönlichen Glauben zu verraten, dies in kleine Textbeiträge zu verfassen und in einem gemeinsamen Buch zu sammeln. Dieses soll, mit Namen der Verfasser versehen, veröffentlicht werden und allen zu lesen gegeben werden, und zwar unter dem Titel „Glaubenssplitter“.
„Ich wusste von vielen Gesprächen mit Menschen in unseren Dörfern, wie viel wertvollen und kostbaren Glauben sie haben,“ sagt Martin Funke. Er ist einer der Initiatoren des Projekts und Pastor beider Gemeinden. „Darunter sind auch Menschen, bei denen ich es nicht vermutet hatte (und andere wohl auch nicht). In den Gesprächen mit mir, z.B. im geschützten Rahmen bei Tauf- und Trauergesprächen sprechen viele es aus. Im sonstigen Alltag gibt es aber keinen Austausch darüber. Es sind also eigentlich viele, die einen tollen Glauben haben. Sie wissen es nur nicht voneinander. Darum wollen wir, dass die Menschen durch die Beiträge einander wahrnehmen - und auch sehen: Unser Glaube ist nicht nur für uns selbst wichtig, sondern auch für andere. Ich bin nicht allein mit meiner Hoffnung,“ sagt Pastor Martin Funke.
Etliche Gemeindeglieder wurden daraufhin persönlich angesprochen mit der Bitte, einen Text zu schreiben. Nicht allen, die „Ja“ sagten, fiel es leicht, es auch umzusetzen. Für viele war es ein innerer Prozess, der auch erst mal der Klärung in ihnen selbst bedurfte: Was glaube ich eigentlich? Doch die Beiträge kamen! Durch Werbung im Gemeindebrief angeregt, ein Schreibprojekt im Konfirmandenunterricht gefördert, vor allem aber viel persönliche Ermutigung einzelner Gemeindeglieder wuchs langsam, aber stetig die Menge der Texte. Am Ende waren es gar 118 Beiträge – von Erwachsen, Jugendlichen und auch einigen Kindern. Was ist darin zu lesen?
Viele Verfasser erzählen von Momenten der Bewahrung, in denen sie Gottes Wirken verorten. Sie hatten einen Unfall und haben ihn gut überstanden, eine bedrohliche Krankheit oder gefährliche Situation im Krieg. „War das Schicksal oder Fügung? Es treibt mir heute noch Tränen in die Augen“, schreibt etwa Magdalene Schmedes aus Benthe am Ende ihres Textes, berührt davon, dass sie einen Fliegerangriff überlebt hat.
Viele sehen das Wirken Gottes auch in der Natur und den wunderbaren Momenten, die sie in ihr erleben. „Wenn ich bei meinen jährlichen Weitwanderungen in den Alpen durch die Berge gehe oder
gar auf einem Gipfel stehe, glaube ich, dass diese wunderbare Natur nur durch Gottes Hand geschaffen worden sein kann,“ schreibt etwa Armin Jeschonnek aus Everloh.
Manche erzählen auch von einer Kraft, die sie in manchen Momenten bei sich gefühlt haben, die aber schwer zu beschreiben ist - oder etwas um sie herum, wofür sie keine Worte finden. Andere entdecken Gottes Fürsorge rückblickend oder Wendungen, die ihr Leben genommen hat. Etliche schildern auch, wie sie ruhig werden durch das Gebet zu Gott oder neue Kraft dabei kommen.
Etliche verorten Gott in kleinen Begebenheiten oder menschlichen Begegnungen: in einem Gespräch, in Menschen, die einem so über den Weg geschickt worden zu sein scheinen!
Manche ringen aber auch mit Gott, hadern mit ihm und fragen nach ihm – in den Momenten, wo sie sein Wirken vermissen! Wo war er da bloß, wo ist bloß manchmal! Es sind Texte voller Trost und Hoffnung, Dankbarkeit und Leben.
Eins ist jedenfalls mit der Abgabe klar geworden: Glauben ist Privatsache? Für diese Menschen nicht, oder nicht mehr. Fast alle Texte sind mit dem Vor- und Nachnamen des Verfassers versehen.
Martin Funke