Recht und Gerechtigkeit
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Andacht zum 16. Sonntag nach Trinitatis / Erntedank
Mein tägliches Handeln, meine Art zu leben hat Folgen, ob ich das will oder nicht. Und wenn mir diese Folgen nicht gefallen, muss ich etwas tun. Mit schönen Worten allein verändere ich nichts.
Euer Tun und Sagen, wirft der Prophet Jesaja seinen Mitmenschen vor, klafft so weit auseinander, dass es zum Himmel schreit. Gott ist nicht mehr bereit, sich mit schönen Worten und theatralischem Fasten abspeisen zu lassen. Die Menschen fragen, warum Gott nicht auf ihre Gebete antwortet. Und der Prophet antwortet: Gott will echte Taten sehen, nicht nur schöne Worte hören. Du hast Brot. Du hast Kleidung. Du hast Wohnung. Und in deinem Umfeld gibt es Menschen, die haben nichts von alledem. Also gib ab. Kümmere dich. Erst dann kann Gott dein Gebet ernst nehmen, dann will er dich hören. Und dann wird er dich auch segnen, und du wirst ein Segen sein. Dann wird es dir gelingen, wieder aufzubauen, was so lange am Boden lang.
Recht und Gerechtigkeit ist es, was eingefordert wird. Eine Lebensweise, die keinen hungrig und ohne Obdach lässt. Die sich gegen Unterdrückung wendet und für ein Leben in Würde – die niemanden nackt und bloß dastehen lässt. Und das ist sowohl wörtlich als auch im übertragenen Sinne zu verstehen.
Wir leben in einer globalisierten Welt, ob uns das gefällt oder nicht. Wir schätzen den Kaffee, den Tee und viele andere Produkte aus aller Welt und sind stolz darauf, Exportweltmeister – oder wenigstens noch zweiter hinter China – zu sein. Unsere Welt ist kleiner geworden, auch dank moderner Informationstechnik. Und damit ist der Obdachlose nicht nur der, der an unserer Haustür klingelt, sondern auch der, der als Rohinja von Myanmar nach Bangladesch geflüchtet ist und dort zu überleben versucht, und der Hungrige nicht nur die Frau, die sich in Lüneburg bei der Tafel mit Lebensmitteln versorgt, sondern auch die Frau, die im Jemen oder in Ostafrika weder den Hunger ihrer Kinder noch den eigenen stillen kann.
Wir glauben an den einen Schöpfer, der die ganze Welt in seiner Hand hält. Gottes Liebe macht nicht an unseren Ländergrenzen halt, und seine Fürsorge umfasst die ganze Erde – er will, dass allen Menschen geholfen werde. Durch sein Heil machendes, gutes Wort – aber auch dadurch, dass wir teilen, was wir haben. Wir können unseren Teil dazu beitragen, indem wir unsere Lebensweise überdenken und ja, auch wenn wir das nicht gerne hören, auch einschränken.
Erinnern Sie sich? Wenn es etwas Besonderes zu essen gab, oder der Besuch eine begehrte Süßigkeit mitbrachte? Wenn mehrere Kinder im Haus waren, dann hieß es: Aber teilen! Und so wurde die Schokolade ausgepackt, aufgeteilt – manchmal musste Mutter helfen, damit es wirklich gerecht wurde – und dann genussvoll aufgegessen. Jeder hatte was davon, und keiner Bauchweh, weil er oder sie zu viel in sich hineingestopft hatte vor lauter Gier. So, glaube ich, ist auch das gemeint, was Gott von uns erwartet: Wir sind alle Gottes geliebte Kinder, und darum sollte es unter uns zugehen wie in einer großen Familie. Das, was da ist, wird geteilt. Und zwar gerecht, damit alle etwas abbekommen. Also teile ich mit meinem Bruder, mit meiner Schwester. Nicht immer gern, besonders, wenn es etwas ist, was ich liebe, aber ich teile. Damit erst gar kein Streit entsteht, und weil es von Anfang an für alle gleichermaßen gedacht war.
Und ich erlebe: Alle werden satt. Am Körper und an der Seele. Denn das verheißt uns der Prophet: Wenn du das tust, dann wirst auch du wieder heil werden, dann wird es hell werden in deinem Leben, und alles wird grünen und blühen, es wird das neu entstehen, was lange schon am Boden lag. Gott selbst wird dir antworten, dich führen und sättigen und stärken. Ich finde, das ist eine Verheißung, für die es sich zu leben und zu arbeiten lohnt. Amen.
Landwirtschaftspastorin Ricardo Rabe