„Sie ist unsere Idealbesetzung“
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Kirchenkreis stellt junge Syrerin für die Flüchtlingsarbeit ein
Natürlich war der Anfang nicht ganz einfach, aber sie hatte viel Unterstützung: Seit dem 1. August ist Amani Al Mistrihi als Sozialarbeiterin in der Flüchtlingsarbeit in Burgwedel und seinen Ortsteilen unterwegs. Im Rahmen eines Pilotprojektes wurde sie vom Evanglisch-lutherischen Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen eingestellt; in ihrer Arbeit begleitet und unterstützt wird sie durch die Pastorinnen Reni Kruckemeyer-Zettel und Bodil Reller aus Wettmar und Burgwedel. Finanziert wird die halbe Stelle aus Mitteln des Kirchenkreises und der hannoverschen Landeskirche; sie ist auf zwei Jahre befristet.
Vor etwa zweieinhalb Jahren kam Amani Al Mistrihi selbst als Geflüchtete nach Deutschland; zuvor hatte die 31-Jährige in ihrer Heimat Syrien Sozialwissenschaften studiert und für Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) im Libanon mit geflüchteten Menschen gearbeitet. Ihre Muttersprache ist Arabisch, darüber hinaus spricht sie Englisch und auch schon recht gut Deutsch. „Ich bin stolz darauf, jetzt für die Kirche zu arbeiten“, sagt sie und man merkt ihr die Freude über ihre Tätigkeit an. Dass sie als Muslima für die evangelische Kirche tätig ist, empfindet sie in keiner Weise als schwierig: „Wir sind hier alle Menschen mit den gleichen Problemen, da spielt die Religion doch keine Rolle.“ Pastorin Kruckemeyer-Zettel, von der die Initiative zur Einrichtung der Stelle ausging, sieht das ähnlich: Amani Al Mistrihi bringe ganz viel Wissen über die Situation geflüchteter Menschen und ihren kulturellen Hintergrund mit, sie habe Erfahrung in der Flüchtlingsarbeit, wichtige Sprach- und kulturelle Kenntnisse und finde als Frau leichter Zugang zu den Familien als ein Mann: „Sie ist für uns die Idealbesetzung“, sagt die Pastorin aus Wettmar.
Grund für die Einrichtung der Stelle in der Region Burgwedel sei die gute Vorarbeit gewesen, die dort geleistet wurde, erklärt Superintendent Holger Grünjes. Insbesondere in der St.-Marcus-Kirchengemeinde Wettmar gab und gibt es sehr viel Engagement in der Hilfe für Geflüchtete; auch im Rahmen eines Kirchenasyls, an dem die Gemeinde großen Anteil nahm. „Viele Menschen habe sich dafür engagiert und auch Menschen, die uns früher nur aus der Ferne wahrgenommen haben, sind an uns herangerückt“, erzählt Reni Kruckemeyer-Zettel. Holger Grünjes betont darüber hinaus, dass Amani Al Mistrihi nicht im Verkündigungsdienst tätig ist, wie es Pastorinnen, Kirchenmusiker und Diakone, aber auch Erzieherinnen in evangelischen Kitas sind: „Für die Aufgaben als Sozialarbeiterin ist für uns entscheidend, dass sie unser Menschenbild teilt und danach handelt“, sagt er. Dem schloss sich auch die Landeskirche an: Das Landeskirchenamt erteilte eine Ausnahmegenehmigung zur befristeten Einstellung einer Muslima.
Seit Beginn ihrer Tätigkeit besucht Amani Al Mistrihi Flüchtlingsfamilien in allen Ortsteilen Burgwedels, spricht insbesondere mit den Frauen und erfasst ihre Bedürfnisse und Probleme anhand eines Fragebogens. Um die Familien gezielt aufsuchen zu können, übergab ihr die Stadt Burgwedel eine Liste mit etwa 450 Geflüchteten, die in der Stadt und den Ortsteilen leben; die meisten von ihnen hat die Sozialarbeiterin mittlerweile besucht. Ihre arabische Muttersprache erleichtert die Kontaktaufnahme; zu Kurdisch sprechenden Familien begleitet sie ein Ehrenamtlicher aus Isernhagen. „Es ist für die Frauen sehr wichtig, sich aussprechen zu können“, sagt Amani Al Mistrihi – viele von ihnen haben außerhalb der Familie keinerlei Kontakte, sie verlassen selten das Haus, haben keine deutschen Sprachkenntnisse und leiden unter Langeweile und Einsamkeit. In Absprache mit der Stadt Burgwedel betreut und begleitet Al Mistrihi mittlerweile drei Gruppen für geflüchtete Frauen in Burgwedel und Wettmar, sie informiert die Verwaltung über fehlende Einrichtungsgegenstände, hilft bei kompliziertem Papierkram, begleitet zum Arzt und möchte zukünftig auch Informationsveranstaltungen zu Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland anbieten. Auch die Frauen- und Kinderrechte sind für sie ein Thema: So will sie in Abstimmung mit der Stadt Burgwedel das Thema Kinderehen auf die Agenda setzen. Behutsamkeit und Sensibilität werden dabei eine wichtige Rolle spielen: „Wir sind noch in der Phase des Ausprobierens und wollen gemeinsam das, was die Menschen brauchen, entwickeln“, sagt Pastorin Bodil Reller.
Andrea Hesse