Startseite Archiv Tagesthema vom 04. August 2017

Coaching im Gehen

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Pilgern für Menschen im Beruf

„Wie kann ich mir die Erholung bewahren?“, fragen sich viele Berufstätige jetzt  am Ende der Ferien. Eine Antwort lautet: „Durch einen Kurzurlaub.“ Eine andere ist: „Durch eine Pilgertour für Menschen im Beruf.“

Ein Eindruck von so einer Tour: Wir stehen am Waldrand, vor uns eine Sommerwiese im Allgäu. Wir bilden gerade einen Halbkreis um einen Steinaltar, da kommen zwei andere Pilgerinnen vorbei. Wir laden sie ein, mit uns Abendmahl zu feiern. Wir singen, legen Symbole unseres Weges auf den Altar, reichen Brot und Trauben weiter.

Seit 2011 leite ich jedes Jahr mehrtägige Pilgertouren speziell für Berufstätige. Zum Beispiel von Donnerstag bis Sonntag auf dem Pilgerweg Loccum-Volkenroda oder von Montag bis Samstag auf dem Münchner Jakobsweg. Meistens tragen wir das Gepäck selbst und gehen 20-25 km am Tag. Die Teilnehmenden sind in der Regel zwischen 40 und 65 Jahre alt, die Berufsgruppen reichen vom Hausmeister bis zur Personalleiterin einer Krankenhaus-AG.

Pilgern ist intensiver als „Urlaub“, denn hier wirken die Bewegung, die Natur, die geistlichen Impulse und die Gruppe zusammen. Die leichte Bewegung bringt mich in eine aktive, optimistische Stimmung; das Gehen – Schritt für Schritt – lässt andere Gedanken zurücktreten; und wenn es mal schwer wird, z.B. nach einem heißen Tag mit 29 Kilometern, dann bin ich hinterher stolz auf das Geschaffte. Pilgern ist körperlich, Büroarbeit nicht.

Damit verbindet sich die Naturerfahrung. Als Pilger bin ich acht Stunden an der Sonne statt vor dem Bildschirm und ich nehme die Natur um mich bewusst wahr: ich folge dem Waldpfad unter Buchen, gehe über Wurzeln, blicke auf weite Felder und geschwungene Hügel – oder auf die Raupe vor mir. Das Pilgern lädt ein zum Entschleunigen, zum aufmerksamen Schauen und bewussten Wahrnehmen. Zur Achtsamkeit. 

Damit sind wir bei der spirituellen Dimension: Drei geistliche Impulse am Tag bieten Texte aus der Bibel und zur Lebenskunst. Es kommen existenzielle Themen zur Sprache: z.B. Erfolg, Glück, Scheitern, Dank. Das gemeinsame Singen, die Atmosphäre mancher Dorfkirchen – und die Andachten in der Natur. 

Solche Erfahrungen gewinnen durch das Erleben in der Gruppe. Andachten oder das Abendessen im Gasthof sind in einer Gruppe von 14 strahlkräftiger als allein oder zu zweit. Die Teilnehmenden schätzen es, dass sie mit anderen Berufstätigen auf dem Weg sind; so gibt es gemeinsame Themen und sehr oft finden sich zwei zusammen, die auf einem Teil des Weges ein Thema besprechen.

Es  geht z.B. um berufliche Schritte, die Beziehung zum Partner, die eigene Gesundheit. So arbeiten die Pilgernden an ihrer Work-Life-Balance. Ein teilnehmender Arzt sagte: „Für mich ist Pilgern Coaching im Gehen.“

Was nehmen die Pilger mit? Der eine hat sich z.B. seit langem wieder mit Gott beschäftigt, die andere hat neuen Mut gefasst nach einer Trennung und fast alle nehmen positive innere Bilder mit, die sie im Alltag wieder aufrufen können.

Und die meisten melden sich zu einer weiteren Tour für Menschen im Beruf an – denn Pilgern macht „süchtig“.

Stephan Eimterbäumer, Referent für Arbeit, Wirtschaft und Soziales im Haus kirchlicher Dienste

Erleben

Die nächste Pilgertour für Menschen im Beruf startet am 14. September und endet am 17. September. Dieses mal geht es vom Stift Fischbeck bis zum Kloster Loccum.

Es sind noch wenige Plätze frei. Bis zum 20. August kann man sich noch anmelden!