Startseite Archiv Tagesthema vom 29. Juni 2017

Adelshochzeit des Jahres

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Marktkirche bereitet sich auf Trauung des Erbprinzen von Hannover vor

Ein roter Teppich, Blumenschmuck und Blitzlichtgewitter: In wenigen Tagen werden viele Augen aus aller Welt auf die evangelische Marktkirche in Hannover blicken. Dort geben sich am 8. Juli Erbprinz Ernst August von Hannover (33) und seine Braut, die russischstämmige Mode-Designerin Ekaterina Malysheva (30), das Jawort - die Adelshochzeit des Jahres.

Und ein besonderes Ereignis für die Landeshauptstadt: Die letzte Prinzen-Hochzeit in der Marktkirche liegt viele Jahre zurück. 1951 heiratete der Großvater des heutigen Bräutigams, Prinz Ernst August von Hannover (1914-1987), Prinzessin Ortrud von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg.

Veranstaltungsmanagerin Anne Constanze Wolters von der Marktkirche sieht dem Tag gelassen entgegen: "Die beiden sind in erster Linie ein ganz normales Hochzeitspaar, das in unserer Kirche heiratet", betont sie.

Auf- und umgebaut wird in der Kirche erst einen Tag vor der Trauung. Neben dem roten Teppich soll mit aufwendigem Blumenschmuck dekoriert werden. Aktuell sei von rund 400 Gästen die Rede, verrät Wolters. So viele Menschen passen in das Mittelschiff der Marktkirche. Vermutlich würden es aber noch mehr. Die meiste Vorbereitung liege in den Händen einer Hochzeitsagentur. "Wir bauen vor allem Stühle auf und stellen das Mikro für den Pfarrer an." 

Bild: Wiebke Ostermeier

Die Trauung des bislang in London lebenden Paars übernimmt der frühere hannoversche Landesbischof Horst Hirschler (83). "Der Bräutigam hat mich gefragt, und ich hatte keinen Grund, Nein zu sagen", erzählt Hirschler, heute Abt des Klosters Loccum, mit etwas Understatement.

Predigen wird er auf Deutsch - für ausländische Gäste liegen dann Übersetzungen ins Englische und Russische bereit. Der Theologe ist der Adelsfamilie seit langem verbunden: Der Großvater des Bräutigams war von 1947 bis 1976 Mitglied der Synode, des Parlaments der hannoverschen Landeskirche. Bei vielen Anlässen haben er und Hirschler damals zusammengearbeitet. "Er war bei jedem Empfang dabei."

Bereits 1999 war Hirschler für die royale Familie im Einsatz: Damals taufte er in Österreich Prinzessin Alexandra von Hannover, eine Halbschwester des jetzigen Bräutigams.

Der Erbprinz, ein Ururenkel des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II., erlebte damals als Jugendlicher diese Taufe mit. "Wir freuen uns immer, wenn wir uns sehen", erzählt Hirschler. Eines jedoch will der Abt klargestellt wissen: Für ihn als Pastor seien alle Trauungen gleich wichtig: "Egal ob Tagelöhner oder Professor."

Ein bisschen aufgeregter als der Abt ist der ein oder andere Hannoveraner aber dann doch. Die Sänger des Knabenchores etwa, weiß Annette Langhorst vom Büro des Erbprinzen. "Da haben ganze Familien ihren Urlaub verschoben, weil die jungen Herren unbedingt dabei sein wollten."

Zusammen mit dem Barockorchester "L'Arco" aus Hannover gestaltet der Chor den Hochzeitsgottesdienst mit. 

Der hannoversche Altbischof Horst Hirschler, Abt des Klosters Loccum. Bild: Jens Schulze/ epd-Bild

Der Prinz sei dem Knabenchor schon lange Zeit gewogen, sagt Wolfram Kössler vom Chormanagement nicht ohne Stolz. Auf dem Programm stehe viel Musik von Georg Friedrich Händel (1685-1759). "Da gibt es eine lange Verbindung zum Haus der Welfen", schmunzelt Langhorst. Immerhin war der Komponist einmal Angestellter am Hof des Kurfürsten Georg Ludwig von Hannover, dem späteren britischen König George I. - einem Vorfahren des Bräutigams.

Marktkirchen-Pastorin Hanna Kreisel-Liebermann hat die Braut des Erbprinzen schon getroffen. Erst vor kurzem ist die ursprünglich russisch-orthodoxe Ekaterina Malysheva zum Protestantismus übergetreten. Nun gehört sie als Gemeindemitglied zur Marktkirche.

Umkompliziert sei das gewesen, berichtet Kreisel-Liebermann. "Wir erkennen die gegenseitige Taufe an." Für die Hochzeitsfeier hätte Malysheva übrigens nicht extra konvertieren müssen: "Das hat sie für die Familie gemacht."

Leonore Kratz und Michael Grau (epd)
Bild: Jens Schulze/ epd-Bild

Die Marktkirche

Die evangelische Marktkirche St. Georgii et Jacobi im Zentrum der Altstadt ist die älteste, größte und wichtigste Kirche in Hannover. Sie wurde im 14. Jahrhundert im Stil der spätgotischen Backstein-Architektur errichtet und wahrscheinlich 1360 geweiht. Ein um 1125 erbauter romanischer Vorgängerbau wurde 1238 erstmals urkundlich erwähnt. Voll bestuhlt bietet die Kirche Raum für rund 700 Sitzplätze. Ihr 97 Meter hoher Turm gehört zu den Wahrzeichen Hannovers.

Blickfang der Marktkirche ist der prächtige doppelflügelige Hochaltar, dessen älteste Teile auf das Jahr 1480 zurückgehen. Das Geläut der Kirche ist das drittgrößte in Niedersachsen, es besteht aus 14 Glocken. Die größte und tiefste von ihnen, die zehn Tonnen schwere Christus- oder Friedensglocke, ist die größte Glocke Niedersachsens.

Die Kirche ist seit 1925 Predigtkirche des hannoverschen Landesbischofs, zurzeit Ralf Meister. Inhaber der ersten Pfarrstelle ist der Stadtsuperintendent, zurzeit Hans-Martin Heinemann.

epd
Bild: Jens Schulze/ epd-Bild

Altbischof Horst Hirschler

Horst Hirschler (83) stand von 1988 bis 1999 als Landesbischof an der Spitze der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, der größten evangelischen Landeskirche in Deutschland. Im Jahr 2000 übernahm der gebürtige Stuttgarter das Amt des Abtes im 1163 gegründeten Kloster Loccum bei Nienburg, in dem heute angehende Pastorinnen und Pastoren ausgebildet werden. Von 1993 bis zu seinem Ruhestand war Hirschler außerdem Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD). 

Von 1979 bis 1988 gehörte er auch der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an und von 1991 bis 1997 dem Rat der EKD. Von 1990 an war er außerdem sieben Jahre lang einer der Vizepräsidenten des Lutherischen Weltbundes. 1992 wurde Hirschler mit der Ehrendoktorwürde der Kirchlichen Hochschule Leipzig und als Ehrensenator der Universität Göttingen ausgezeichnet. Das Land Niedersachsen ehrte ihn 2004 mit der Niedersächsischen Landesmedaille, der höchsten Auszeichnung des Bundeslandes. 

epd