Startseite Archiv Tagesthema vom 08. Juni 2017

Taufen sind gut vorbereitet

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Im Gespräch: Pastor Dietmar Dohrmann

Taufen von muslimischen Asylbewerbern sind aus Sicht des evangelischen Pastors Dietmar Dohrmann ein Zeichen von Integration. Viele Menschen hätten in Ländern wie dem Iran oder Afghanistan nur Terror und Unterdrückung erfahren, sagte der Theologe am Mittwoch im epd-Gespräch. "Hier kommen sie in eine demokratische Gesellschaft und öffnen sich dem auch." Dohrmann tauft in seiner Kirche in Hannover jährlich zwischen 15 und 20 Konvertiten, meist Iraner.

Die nach Pfingsten entbrannte Diskussion um den Fall eines afghanischen Flüchtlings, der vor Jahren zum Christentum übergetreten war und am Wochenende in Bayern einen fünfjährigen Jungen ermordet hatte, könne er nicht nachvollziehen, sagte der Pastor: "Der Mord war nicht religiös motiviert und hat mit seiner Konversion erst einmal nichts zu tun."

Schlepperbanden, die organisiert und ohne Vorbereitung Taufen veranstalten, lehnt er strikt ab, betonte Dohrmann. "Wir müssen als Kirchen schauen, dass wir jeden Fall prüfen." Er selbst fordere Taufbewerber zunächst auf, das Gemeindeleben für mehrere Monate kennenzulernen. "Ich taufe nur jemanden, der sich zur Gemeinde hält und mitmacht." Auch im anschließenden dreimonatigen Taufkurs merke er schnell, ob jemand Lust habe oder nicht. "Taufe ohne Taufkurs gibt es bei uns nicht." Die Menschen, die er in den vergangenen zwei Jahren getauft habe, beteiligten sich "aus vollem Herzen" in der Gemeinde.

Für die meisten seiner Täuflinge verbessere eine Taufe natürlich die Aussicht auf Asyl in Deutschland, sagte der Pastor. "Wenn ein Muslim zum Christentum konvertiert, steht darauf die Todesstrafe, und die wird im Iran auch vollstreckt." Die Gefahr von erschlichenem Asyl sieht Dohrmann nicht. Viele Taufanwärter hätten bereits eine "Bekehrungsgeschichte" hinter sich, wenn sie nach Deutschland kämen.

Der Islam werde im Iran vor allem als Staatsreligion wahrgenommen und mit Überwachung und Repression verbunden, erläuterte der Theologe. Etwa eine dreiviertel Million Menschen wende sich dort im Untergrund dem Christentum zu. "Gerade Frauen erleben das Christentum als Befreiung." Ab und an ließen sich sogar Iraner, die auf Verwandtenbesuch in Deutschland seien, aus Überzeugung taufen und flögen in den Iran zurück. "Das muss dann sehr geheim gehalten werden."

epd-Gespräch: Leonore Kratz

Immer wieder wollen sich Flüchtlinge in Deutschland taufen lassen. Die Kirchen haben dafür Leitlinien erarbeitet. Sie legen besonders Wert darauf, dass es vor der Taufe eine intensive Vorbereitung gibt. Die tödliche Gewalttat eines afghanischen Konvertiten hatte eine Debatte über die Taufe von Asylbewerbern ausgelöst. 

"Menschen, die die Taufe begehren, benötigen viel Zeit. Sie muss angemessen sein, um den Glauben und die Gemeinde kennenzulernen und sich der Gemeinde vorzustellen", heißt es in der Handreichung "Zum Umgang mit Taufbegehren von Asylsuchenden", die die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) 2013 veröffentlicht hat. Darin wird unter anderem hervorgehoben, dass vor einer Taufe ein ausführlicher Unterricht ansteht. 

Zwischen dem Täufling und Gott soll eine Beziehung aufgebaut werden, heißt es. Zu dieser Phase gehörten regelmäßige Gespräche über die Inhalte des Glaubens, Gottesdienstbesuche und Übungen, welche in die Praxis des Glaubens einführen. Wie dies konkret geschieht und was im Einzelnen Gegenstand des Unterrichts ist, liegt in der Verantwortung des jeweiligen Pastors und der Gemeinde. 

Auch die katholische Deutsche Bischofskonferenz hebt hervor, es gebe einen "monatelangen Prozess der Vorbereitung und der Prüfung", bevor jemand getauft und in die Kirche aufgenommen wird. Dies gelte für alle Taufbewerber - unabhängig von Herkunft oder kulturellem Hintergrund. Das Katechumenat, also die Vorbereitung auf die Taufe, dauere üblicherweise rund ein Jahr. Die Bischofskonferenz hat zum Thema die Arbeitshilfe "Christus aus Liebe verkündigen" veröffentlicht. 

In einem Asylverfahren kann eine Taufe eine Rolle spielen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie Gerichte können die Ernsthaftigkeit einer Konversion prüfen. Die EKD und die Freikirchen wehren sich dagegen, wenn dabei Faktenwissen abgefragt wird. "Damit wird der Glaube auf die Aneignung von Wissen reduziert und die Beziehungsebene, das wachsende Vertrauen in Gottes Verheißungen vernachlässigt. Solche Glaubensprüfungen sind aus kirchlicher Sicht zu unterlassen", heißt es in der Handreichung von EKD und Freikirchen. 

epd

Landesbischof: Keine Pauschalverdächtigungen!

Landesbischof Ralf Meister warnt vor einem Pauschalverdacht gegenüber zum Christentum konvertierten Flüchtlingen. Seiner eigenen Erfahrung nach gingen Pastoren sehr sensibel bei Taufen vor, sagte Meister am Donnerstag im "Morgenmagazin" des ZDF. Den ihm bekannten Flüchtlingstaufen sei immer ein "langer Prozess" vorausgegangen. Gleichwohl sei es geboten, sich angesichts des tödlichen Angriffs auf ein Kind in Bayern die Taufpraxis noch einmal genau anzuschauen. 

"Die Taufe ist kein Verwaltungsakt", sagte Ralf Meister. Eine Taufe sei ein existenzielles Ereignis, ein Sakrament, und bedürfe gerade bei erwachsenen Menschen einer intensiven Vorbereitung zum Beispiel durch Taufkurse. 

epd