Einsatz für Demokratie
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Schwesig lobt Stiftungen für ihren Einsatz für Demokratie - Größter europäischer Stiftungskongress stellt neue Ertragsmodelle vor
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) hat die Bedeutung von Stiftungen hervorgehoben. "Angesichts von Polarisierung, Radikalisierung, Gewalt und Zweifeln an der Demokratie ist die Frage nach dem Zusammenhalt unserer Gesellschaft die zentrale Frage unserer Zeit", sagte sie am Mittwochabend bei der Eröffnung des Deutschen Stiftungstages in Osnabrück. "Über 30 Millionen Menschen geben auf diese Frage eine überzeugende Antwort: Sie engagieren sich in Vereinen, Verbänden, Initiativen und in über 21.000 Stiftungen."
Schwesig kündigte an, weiter für die Einrichtung einer Bundes-Engagementstiftung zu kämpfen. "Das Engagement hat seinen Eigensinn. Politik kann und darf das nicht steuern, wohl aber unterstützen, fördern und ermöglichen", sagte die Ministerin laut Redemanuskript. Sie lobte den Einsatz der Stiftungen vor allem für die Integration von Zuwanderern und für die Bildung. "Gerade Stiftungen haben eine lange und gute Tradition, Bildung besser zu machen." Auch deswegen müssten sie dauerhafter und verlässlicher gefördert werden.
Der Vorstandsvorsitzende im Bundesverband Deutscher Stiftungen, Michael Göring, sieht im Engagement der Stiftungen hierzulande auch eine Hilfe für die derzeit sehr bedrängten Stiftungen in einigen europäischen Nachbarstaaten wie Russland, Ungarn oder der Türkei. Finanzielle Unterstützung sei gleichwohl schwierig, weil dies etwa von Russland als Agententätigkeit betrachtet werde. Autokratische Gesellschaften misstrauten zunehmend der freiheitlichen Autonomie von Stiftungen: "Es bleibt mir da oft nur, diesen Grundgedanken in Reden etwa in Warschau oder Budapest immer wieder vorzutragen."
Göring, der zugleich Vorsitzender des Vorstandes der ZEIT-Stiftung in Hamburg ist, rief die Stiftungen dazu auf, kreativer zu werden bei der Anlage ihres Kapitals. Vor allem die kleinen und mittleren Initiativen hätten mit der derzeitigen Nullzinsphase zu kämpfen. Sie könnten kaum Erträge erwirtschaften, um sie für ihren Stiftungszweck einzusetzen. Eine Möglichkeit sei es etwa, einen Teil des Kapitals zu investieren in den Bau von Altenheimen oder Studierendenwohnheimen, um Mieterträge zu erwirtschaften. Viele weitere gute Best-Practice-Beispiele würden während der Tagung vorgestellt.
Die dringend notwendige Reform des Stiftungsrechts, die der Verband bereits für die neue Legislaturperiode angemahnt habe, würde nach den Worten des Vorsitzenden dazu ebenfalls Hilfestellung leisten. Derzeit schreckten vor allem kleinere Stiftungen davor zurück, neue Wege zu gehen, "weil sie nicht wissen, was sie dürfen und was nicht". Ein neues Gesetz müsse Klarheit schaffen und mehr Gestaltungsmöglichkeiten bieten. Ein weiteres Hauptthema des Kongresses ist Bildung. Rund ein Drittel der Stiftungen initiiert oder unterstützt nach Angaben des Verbandes Bildungsprojekte.
Im Rahmen des Stiftungstages erhielten Gabriele Quandt und Florian Langenscheidt am Abend den Deutschen Stifterpreis. Seit Jahren engagieren sie sich mit ihrer Stiftung "Children for a better world" für benachteiligte Kinder und Jugendliche. Noch bis Freitag tauschen sich die rund 1.600 Teilnehmer des größten europäischen Stiftungskongresses in rund 100 Veranstaltungen über die neuesten Entwicklungen aus. Er findet seit 1948 jährlich statt.
Niedersachsen zählt zu den stiftungsreichsten Bundesländern in Deutschland. Derzeit bestünden hier mehr als 2.200 Stiftungen, bilanzierte Landessozialministerin Cornelia Rundt (SPD) am Sonnabend beim Stiftungs- und Vereinstag der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Laut Bundesverband Deutscher Stiftungen steht Niedersachsen unter den Bundesländern auf Platz sechs der Rangliste, was die Zahl der Stiftungen pro 100.000 Einwohner angeht. Mit einer Wachstumsrate von 2,6 Prozent liegt das Land über dem bundesweiten Durchschnitt von 2,4 Prozent.
Die Großstadt mit der höchsten Stiftungsdichte in Niedersachsen ist Oldenburg mit 80 Stiftungen auf 100.000 Einwohner. Das entspricht nach Verbandsangaben Platz zwei im Ranking aller deutschen Großstädte.
Das Tätigkeitsspektrum in Niedersachsen sei groß und reiche von sozialen über kulturellen und umweltbezogenen Stiftungen bis hin zu Sport und Integration, betonte Rundt in Hannover. Das Stiften sei eine wichtige Form des bürgerschaftlichen Engagements, die wiederum Grundlage für die demokratische Gesellschaft sei und den sozialen Zusammenhalt stärke.
"Aber auch hier gilt, Stiftungen können und wollen eine grundsätzliche Finanzierungspflicht der öffentlichen Hand nicht ersetzen", sagte Rundt und fügte hinzu: "Sie sind eine wertvolle Ergänzung und leisten einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft und sie geben dieser Gesellschaft Gestalt."
Allein in der hannoverschen Landeskirche gebe es 1.000 Stiftungen und Fördervereine für unterschiedlichste Aufgaben, sagte der juristische Vizepräsident des Landeskirchenamtes, Rolf Krämer. "Das reicht von der Hospizarbeit bis zur Kindertagesstätten-Unterstützung, von der Kirchenmusik bis hin zur Jugendarbeit und von der Kirchenbauförderung bis hin zu Deutschkursen für Flüchtlinge." Sie entlasteten die Haushalte der Kirchengemeinden und Kirchenkreise deutlich. "Viele wichtige diakonische oder missionarische Projekte konnten so erst überhaupt auf den Weg gebracht werden."
Das gelte erst recht für die Zukunft, betonte Krämer. Er begründete das mit der Finanzsituation der größten Landeskirche Deutschlands, die zwar in jüngerer Zeit steigende Steuereinnahmen verzeichnet habe, inflationsbereinigt aber weniger Geld zur Verfügung habe. Real betrachtet sei die Finanzkraft in den zurückliegenden 25 Jahren um gut 25 Prozent gesunken.
Mit dem Treffen wollte sich die Landeskirche in erster Linie bei denjenigen bedanken, die sich für Stiftungen und Fördervereine einsetzen. "Sie sind ein Bindeglied zwischen den Kerngemeinden und Menschen, die in größerer Distanz zur Kirche leben, ihr aber dennoch verbunden sind", sagte schon im Vorfeld der geistliche Vizepräsident im Landeskirchenamt, Arend de Vries. Auch Menschen, die keiner Kirche angehörten, unterstützten über die Stiftungen und Vereine die Arbeit der Kirche.
epd