Startseite Archiv Tagesthema vom 12. Mai 2017

Die Suche nach einer neuen Heimat

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Multikulturelles Theaterprojekt „Karline“ mit Flüchtlingen, Grund- und Förderschülern

Einsam, hungrig und voller Angst irrt Karline durch den Wald. Dort trifft das Mädchen auf die Steinbeißer, die ihr nach anfänglichem Zögern auch etwas zu Essen anbieten. „Aber das sind ja Steine!“, ruft das Mädchen aus und es wird ihr als Undankbarkeit ausgelegt. Wenig später ist sie wieder allein, wenn sie ihre Hilfe nicht will, soll sie sehen, woher sie welche bekommt, entscheiden die Steinbeißer.

„Okay, das war schon ganz gut, aber die Empörung, wenn Karline die Steine ablehnt müsst ihr noch deutlicher spielen und euer Text muss sofort kommen, wenn sie aufhört zu reden. Das Timing ist hier ganz wichtig.“ Theaterpädagogin Marlis Heringhaus gibt den Schülern klare Anweisungen, wie sie das Stück zu spielen haben, das Stück um das Mädchen Karline, das seine Heimat verliert und eine neue sucht. Gespielt wird das Stück von Grundschülern aus Dreilinden, Förderschülern der Wartbergschule und Darstellern von STArQ für Menschen. Sie kommen aus unterschiedlichen Nationen, sind unterschiedlich lange in Deutschland, sprechen unterschiedlich gut unsere Sprache, und sind zwischen 9 und 39 Jahre alt.

Doch die bunte Theatertruppe wächst durch die Proben zusammen, das ist deutlich zu sehen. Diejenigen, die die steinessenden Fantasiewesen spielen, treten ebenso als eine gemeinsame Gruppe auf wie die flatternden Vogelwesen. Sie alle sind jetzt in ihren Rollen, eventuelle persönliche Unterschiede fallen dadurch nicht ins Gewicht. Und sie alle bringen auch immer wieder eigene Ideen und ganz neue Aspekte in die Inszenierung ein. Genau darum geht es auch bei dem Projekt. „Es soll das Problem bekämpft werden, die Flüchtlinge nur als Bedürftige wahrzunehmen, sondern als Menschen, die mit Kompetenzen ausgestattet sind, mit denen sie unsere Gesellschaft bereichern können“, erläutert Heringhaus.

Ein solches Projekt stemmt sie natürlich nicht allein. Träger ist die evangelische Jugend des Kirchenkreises Harzer Land. Bei einem Pressetermin begrüßte Jugenddiakonin Iris Fahnhow Vertreter aller Sponsoren, die sie für das Projekt gewinnen konnte und von denen es für viele zu einer Herzensangelegenheit geworden ist. Die Sparkasse Osterode ist ebenso darunter wie die HarzEnergie, die Stadtbibliothek, der Jugendring, die GEW und natürlich beide beteiligten Schulen und STArQ. 

Besonderer Fürsprecher ist auch Osterodes Ehrenbürgermeister Wolfgang Dernedde, der schon andere, ähnliche Theaterprojekte tatkräftig unterstützte. „Für alle die Skeptiker, die an der Möglichkeit einer vielfältigen, bunten Gesellschaft mit Menschen unterschiedlicher Herkunft zweifeln, lassen Sie mich bitte aus eigener Erfahrung berichten: Auch ich kam in Kriegszeiten als Fremder, als Evakuierter, mit meiner Familie in diese, heute unsere Stadt. Nach uns kamen als Vertriebene und Flüchtlinge weitere tausende Menschen als Folge des Krieges in Europa in diese Stadt. Wir alle wurden damals auch als Fremdlinge, als Störenfriede in einer gewachsenen Gemeinschaft, empfunden“, sagte er, „Geben wir also denen, die heute zu uns kommen eine Chance, mit uns zu leben.“

Sieht man nun die gemeinsamen Theaterproben von Grund- und Förderschülern, Osterodern und Neubürgern aus verschiedenen Herkunftsländern, dann wird deutlich, dass in diesem Projekt das gemeinsame Miteinander längst Wirklichkeit geworden ist. Natürlich gibt es beim Thema des Stückes auch immer wieder persönliche Fluchtgeschichten und Schicksale, die einige der Darsteller abseits der Bühne erzählen und die alle Beteiligten beschäftigen. Doch hier arbeiten sie alle gemeinsam daran, die neue Heimat aktiv, kreativ und positiv mitzugestalten.

Christian Dolle

Premiere

Die Premiere des Stückes „Karline“ ist am 18. Mai um 17 Uhr in der Wartbergschule. Dazu wird es auch ein internationales Buffet und Musik geben. Eine weitere Aufführung ist am 8. Juni um 16 Uhr in der Stadtbibliothek Osterode. Der Eintritt ist frei. 

Initiatoren

Träger des Projekts ist die Evangelische Jugend im Harzer Land.

STArQ für Menschen

STArQ für Menschen ist eine Qualifizierungs- und Beschäftigungsgesellschaft.
Sie unterstützt und fördert durch das Angebot von vielfältigen Assistenz- und Teilhabeleistungen die (Wieder-) Eingliederung von Menschen mit verschiedenen Vermittlungshemmnissen. Hierbei handelt es sich vorwiegend um Menschen aus dem Bezug des SGB II, die von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind.

STArQ für Menschen bietet Arbeits- und Qualifizierungsmaßnahmen an: berufsvorbereitende Maßnahmen, Orientierungshilfen und berufliche Weiterbildung. Damit sollen soziale, technische und berufsspezifische Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt werden. Ziele sind die Integration in das soziale Leben und die Teilhabe am Arbeitsmarkt.