Der Beginn des Erwachsenenlebens
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Fast 40.000 Jugendliche werden in Niedersachsen und Bremen konfirmiert
Wenn in den kommenden Wochen in Niedersachsen und Bremen beinahe 40.000 Jugendliche konfirmiert werden, gibt es viele Themen, die Eltern und Konfirmanden beschäftigen. Gottesdienst, Geschenke, Bedeutung des Festes.
Der evangelische Pastor Bernhard Busemann rät vor der Konfirmationsfeier zu einem ruhigen Gespräch zwischen Eltern und Konfirmanden. "Oft liegen die Erwartungen von Eltern und Jugendlichen weit auseinander", sagt der Wilhelmshavener Theologe. Damit das für die Familie wichtige Fest für alle in schöner Erinnerung bleibt, müsse vorher geredet werden.
"Und das heißt: Fernseher und Radio aus, Geschwisterkinder aus dem Raum verbannen und Handy auf Flugmodus - nicht nur auf lautlos", unterstreicht der Pastor. Ein guter Einstieg in das Gespräch könnten Fotoalben sein. "Guckt euch die Entwicklung eurer Kinder an und erinnert euch an schöne Erlebnisse."
Das Fest sei nach wie vor ein Übergangsritus ins Erwachsenenleben und damit eine Herausforderdung für den Gemütszustand der jungen Menschen. "Alles dreht sich um sie, es gibt große Erwartungen seitens der Gäste und dann sind da noch die ungewohnten feinen Kleider." Darum sei es wichtig, ihnen am Tag der Konfirmation zwischendurch Rückzugsmöglichkeiten einzuräumen. "Wenn ihr Kind gerne eine Freundin oder einen Freund als Beistand einladen möchte, ist das in Ordnung", sagte Busemann.
Immer mehr Jugendliche im Konfirmandenunterricht sind nach Beobachtung des evangelischen Pastors Reinhard Fiola noch gar nicht getauft. "Viele Eltern argumentieren, dass ihr Kind selbst entscheiden solle, ob es getauft werden möchte und warten daher zunächst ab", sagte der Koordinator des Projekts "Mitgliederorientierung" in der hannoverschen Landeskirche. Andere seien schlicht drüber weg gekommen, ihre Kinder zu taufen. "Es gehört in Zeiten zunehmender Säkularisierung eben nicht mehr so zum Alltag dazu."
Die Taufe als Sakrament und Bekenntnis zu Gott habe für viele Familien eine große Bedeutung. Für viele Eltern sei es deshalb wichtig, dass sich das Kind an sein eigenes Tauffest erinnere, sagte Fiola. Er könne diese Argumentation sehr gut nachvollziehen. "Aus diesem Blickwinkel ist die Säuglingstaufe tatsächlich defizitär." Aus diesem Grund ließen auch immer mehr Eltern ihre Kinder erst im Alter von einem bis drei Jahren taufen.
Wer sich erst als Jugendlicher taufen lasse, müsse aus seiner Sicht nicht zusätzlich konfirmiert werden, sagte Fiola. Die Konfirmation sei schließlich vom Reformator Martin Bucer (1491-1551) als Kompromiss entwickelt worden. Sie solle es Getauften ermöglichen nachträglich "Ja" zur Taufe zu sagen. "Wenn der Jugendliche verstanden hat, worum es bei der Konfirmation geht, dann ist ihm auch die Taufe als einziges Fest ohne die Konfirmation plausibel."
Er selbst habe es als Gemeindepfarrer stets als eine schöne Besonderheit empfunden, wenn unter den Konfirmanden-Schülern auch Täuflinge gewesen seien. Diese habe er dann im Konfirmationsgottesdienst getauft, während ihre Freunde konfirmiert wurden. "Ich habe ihnen gesagt, ihr seid besser dran, denn ihr könnt eure Taufe direkt persönlich bejahen. Nehmt es als Geschenk!"
Es soll ein schönes Fest werden, aber bei allen Wünschen sollte die Feier den Familienetat nicht überfordern, warnte Theologe Bernhard Busemann. "Eine gelungene Feier hängt nicht davon ab, wie viel Geld sie kostet." Auch eine kleine Feier könne den Tag angemessen würdigen. "Verbeißt euch nicht in den Vorbereitungen. Lasst dem Heiligen Geist seinen Spielraum, es ruckelt sich schon zurecht."
Bei all den Vorbereitungen steht immer wieder ein Thema im Mittelpunkt: Die Geschenke. Sind Geldgeschenke überhaupt angemessen? Das bezweifeln viele Menschen, weil sie der Meinung sind, dass es die spirituelle Bedeutung der Feier schmälern könnte.
Bernhard Busemann hält dagegen. Er berät meint: Die Konfirmation sei für die Jugendlichen die erste Gelegenheit "mal richtig Schotter zu kriegen". Das sei ihnen zu gönnen. Zum Erwachsenwerden gehöre es, den Umgang mit Geld zu erlernen. Wer Geld ablehnt oder es ergänzen möchte, könnte seinen Worten zufolge über ein "Herzensgeschenk" nachdenken.
Das könnte nach Meinung von Pastor Busemann beispielsweise ein Familienerbstück sein. Etwa eine Kette oder eine Uhr, die von Generation zu Generation weiter gegeben wird und an den Tag der Konfirmation erinnert. Wichtig sei, dem Konfirmierten in einer ruhigen Stunde die Bedeutung des Herzensgeschenks zu erläutern.
Eltern rät Busemann, als Herzensgeschenk einen persönlichen Brief an ihr Kind zu schreiben: "Zeigen Sie ihren Stolz, ihre Liebe und ihre Wertschätzung."
epd