Gesellschaftliche Signale setzen
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Landeskirche investiert acht Millionen Euro in Flüchtlingsarbeit
Die hannoversche Landeskirche will in diesem und im kommenden Jahr insgesamt weitere rund 8 Millionen Euro in die Flüchtlingsarbeit in ihren Kirchenkreisen und Gemeinden investieren. Bereits in den vergangenen beiden Jahren hatte die größte evangelische Landeskirche in Deutschland dafür jährlich vier Millionen Euro zur Verfügung gestellt, sagte Oberlandeskirchenrätin Kerstin Gäfgen-Track letzten Donnerstag bei einem Pressegespräch in Hannover. Dies sei auch ein gesellschaftliches Signal in einer Zeit, in der immer mehr von Abschottung, Obergrenzen und Abschiebungen geredet werde.
"Wir müssen jetzt auch gegen populistische Tendenzen klar angehen", sagte Gäfgen-Track. Auch die Kirche erhalte immer wieder Hassmails wegen ihrer Haltung zur Flüchtlingsfrage. Deutschland brauche ein Zuwanderungsgesetz, forderte die Theologin. "Wir haben viel Kraft, wir haben viel wirtschaftliches Potenzial und wir können Menschen hier aufnehmen." Gäfgen-Track betonte zugleich, dass durch die Sondermittel für die Flüchtlingshilfe andere Bereiche der kirchlichen Arbeit nicht schlechter gestellt würden. "Wir machen das zusätzlich."
Wie bereits in den beiden Vorjahren fließe ein großer Teil von jährlich insgesamt drei Millionen Euro 2017 und 2018 in die 49 Kirchenkreise zwischen Hann. Münden und Cuxhaven. Diese haben damit bisher unter anderem Stellen für die Flüchtlingssozialarbeit und für Koordinatoren finanziert, die Ehrenamtliche in ihrem Einsatz für Geflüchtete begleiten.
Auch Projekte der Kirchengemeinden, der Diakonie und der kirchlichen Bildungsarbeit will die Landeskirche mit insgesamt rund 2,6 Millionen Mitgliedern weiter fördern. Dazu gehören nach den Worten des Oberkirchenrates für kirchliche Bildungsarbeit, Kai-Christian Kütemeyer, auch Dialogforen, in denen die Ängste von Menschen zur Sprache kommen sollten.
Gut laufende Projekte seien unter anderem eine Handarbeitswerkstatt in Springe bei Hannover und die Sprachförderung in Eltern-Kind-Gruppen der evangelischen Familienbildungsstätte Stade, berichteten Mitarbeiterinnen. Sie brächten geflüchtete Menschen und Alteingesessene zusammen. In Stade lernten dabei Mütter und ihre Kleinkinder gemeinsam die deutsche Sprache und auch kulturelle Eigenheiten, sagte Astrid Rehahn-Buck von der Bildungsstätte. Auch das Angebot in Springe sei kostenfrei für alle offen, erläuterte die dortige Koordinatorin für Flüchtlingsarbeit, Friederike Hoffmann.
Neben dem Zusammenwachsen spürten die Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit zugleich einen wachsenden Rechtfertigungsdruck, sagte Hoffmann. Davon ließen sie sich jedoch nicht einschüchtern. "Das hält niemanden davon ab, sich weiter zu engagieren." Auch Sozialneid sei ein großes Thema. So werde etwa gefragt, warum die Geflüchteten eine Wohnungseinrichtung gestellt bekommen - ungeachtet der Tatsache, dass sie ja bei ihrer Flucht kaum Möbel hätten mitbringen können und auch andere Sozialhilfe-Empfänger Unterstützung wie etwa Möbel erhielten.
Die Angebote verschiedener Organisationen in Springe und Pattensen wie etwa eine Handarbeitswerkstatt, ein internationales Café oder eine Fahrradwerkstatt wendeten sich ausdrücklich nicht nur an Flüchtlinge, sondern an alle Interessierte, betonte Hoffmann. Von Geldern, die zum Beispiel die Kirche für die Flüchtlingsarbeit zur Verfügung stelle, profitierten so auch andere. "Aber das bewusstzumachen, ist eine Aufgabe, vor der wie immer wieder stehen."
Das Wichtigste dabei sei, Projekte und engagierte Menschen zu vernetzen, sagte Hoffmann. So habe sie zum Beispiel Vereine angesprochen, um auf Initiative eines Flüchtlingshelfers einen Schwimmkurs für jugendliche Flüchtlinge zu organisieren. Wenn Menschen sich engagieren wollten, könne sie diese an passende Initiativen vermitteln. Viele Hilfsprojekte habe es bereits vor Beginn ihrer Tätigkeit vor knapp einem Jahr gegeben. "Es wird viel getan, aber nicht immer miteinander geredet."
Karen Miether (epd)