Mehr Minimalismus wagen

Andacht zum 14. Sonntag nach Trinitatis
Bild: Canva

Der Autor

Ein Mann mit kurzen Haaren, Vollbart und Brille blickt in die Kamera.
Ralf Drewes

Ralf Drewes ist Pastor in der Nordstädter Kirchengemeinde in Hannover.

Das ist jetzt modern: Ich lese von diesem Mann, der nur 50 Dinge besitzt. Er trägt nur schwarze Sachen. Ein Minimalist. Jedes Kind hat ja mehr Playmobilfiguren. Der Durchschnittseuropäer, heißt es, besitzt cirka 10.000 Dinge. Sofort fallen mir Sachen ein, die man als Minimalist nicht mehr hat. Die Eismaschine. Den zweiten Pürierstab. Kleidungsstücke, seit Jahren nicht getragen. Einen Minimalisten macht die Kunst aus, sich von dem zu trennen, was er nicht in seinem Leben braucht. Was soll mit den Dingen passieren? Ja, und dann fällt mir morgen ein, dass ich dringend das Iglu-Zelt brauche, auch wenn ich vor Jahren geschworen habe, nie mehr zelten zu gehen.

Das einfache Leben ist so eine Sache. Und vielleicht unbequem. Und ob’s Spaß macht? Und warum rät Jesus dazu? Kommen wir also zu den Vorteilen. Wir gehen mal davon aus, dass das einfache Leben Vorteile hat. Zunächst wird das Leben – aufgeräumter. Es wird viel leichter, den Überblick zu behalten, klar. Zudem fallen so Zeitfresser weg wie „Was soll ich nur anziehen?“, wenn alle Kleidungsstücke gleichfarbig sind und darum kombinierbar. Durch mehr Zeit entschleunigt sich das Leben auch. Der Minimalist, die Minimalistin gewinnt etwas dazu, Stunden, Tage, etwas das sich anderswo einsetzen lässt. Zeitwohlstand – das wird der Luxus unserer Tage. Und dann ist da Klarheit. Klarheit im Äußeren soll Klarheit im Inneren bewirken. Verantwortung für die vielen Dinge fällt dann weg. Leben im Moment ist besser möglich. Und schließlich gibt der Minimalismus den ganzen Dingen ihren Wert zurück. Wer sich begrenzt, dem oder der wird deutlich, was wirklich wichtig ist. Und was das Wertvolle an etwas ist, das man besitzt.

Kranke Menschen werden oft Minimalisten. Alles Denken, alle Empfindung richtet sich auf die Stelle, die gesund werden soll. Alles andere wird unwichtig. Und dadurch gesundet dann der ganze Mensch. Wenn es gelingt. Keiner braucht zwei Pürierstäbe. Sondern nur etwas, das wertvoll ist. Damit kommt man weiter: Salz der Erde, Licht der Welt.

Amen.

Der Autor

Ein Mann mit kurzen Haaren, Vollbart und Brille blickt in die Kamera.
Ralf Drewes

Ralf Drewes ist Pastor in der Nordstädter Kirchengemeinde in Hannover.

Biblischer Text,
Matthäusevangelium 5,13–16
Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? Es ist zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet und lässt es von den Leuten zertreten. Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Eimer, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.
Ralf Drewes