Wer nicht fragt, bleibt dumm!

Andacht zum Sonntag Jubilate
Kermit der Frosch steht in einem Rapsfeld und freut sich.
Bild: Pixabay

Der Autor

Ein Mann mit kurzen Haaren, Vollbart und Brille blickt in die Kamera.
Ralf Drewes

Ralf Drewes ist Pastor in der Nordstädter Kirchengemeinde in Hannover.

Der! Die! Das! Wer? Wie? Was? Wieso? Weshalb? Warum? Wer nicht fragt, bleibt dumm! Tausend tolle Sachen, die gibt es überall zu seh’n. Manchmal muss man fragen, um sie zu versteh’n.

Alle kennen die Sesamstraße. Großartig, wenn Kermit, der Frosch, seine Was-passiert-dann-Maschine präsentiert: Ein Luftballon, ein Radio, eine Wippe, ein Sandsack. Funktioniert als Maschine natürlich nicht. Aber Fünfjährige lernen die Eleganz von Kausalzusammenhängen. Das macht Spaß! Und wer erinnert sich nicht an Susanne Klickerklacker? Sie möchte den Unterschied wissen zwischen nass und trocken. Kein Problem! Ein Monster kommt und zeigt es ihr. „Ah! Jetzt bin ich nass!“ Ja, es stimmt, manchmal muss man eben fragen, um die Welt zu verstehen. Die Sesamstraße feiert die Schönheit der Frage. Wer fragt, ist schön. Wer nicht fragt, bleibt … na, eben. Erst viel später im Leben nennt man das Bildung.

Es gibt rund 750.000 allgemeinbildende Lehrer und Lehrerinnen in Deutschland. Sie feiern die Schönheit der Frage, die Schönheit des Verstehens. Jeden Morgen. Und Jesus sagt: Wenn wir uns wiedersehen, werdet Ihr mich nichts mehr fragen. Vielen durch Fragen gequälten Eltern fällt jetzt ein Stein vom Herzen. Aber 750.000 Menschen werden morgens aufstehen und auf einen Schlag arbeitslos sein. Niemand will etwas wissen. (Es gibt allerdings Lehrkräfte, die behaupten, das ginge ihnen schon heute so.) Kein Mensch hat mehr eine Frage, wenn wir Jesus wiedersehen. Unfassbar! Im Angesicht des Auferstandenen vergisst selbst Du, dass Du Deine Hausaufgaben nicht gemacht hast. Weil Dir alles, alles klar sein wird.

Eine Utopie! Jubeln sollen wir darüber. Mein inneres Sesamstraßenkind jubelt nur leise: Alles wissen – ist das wirklich ein Anlass zur Freude? Mir gefallen ja die Jünger, die nicht immer so recht verstehen, was da vor sich geht mit Jesus. Warum redest Du in Rätseln? Wer soll das sein: Menschensohn? Wo wohnst Du überhaupt? Wie soll ich glauben, wenn ich nicht meinen Finger in Deine Wunde lege? Mir gefällt auch Jesus, der für die Jünger seine Worte ausdeutet und dabei ein bisschen mit den Augen zu rollen scheint. Als wären die Jünger nicht ganz knusper. Aber die Jünger haben Recht mit ihren Fragen. Sie fragen sich (so wie ich) wieder und wieder und noch einmal, ob sie in Jesus finden, was sie suchen: Mein tiefstes Ziel. Meine heimliche Vision. Worauf es mir im Leben ankommt. Und dann: Keiner Antwort mehr bedürfen. Versöhnt sein mit sich selbst.

Jetzt zuckt mein inneres Sesamstraßenkind freundlich mit den Schultern. Nichts mehr zu fragen haben – das ist ein Bild für Versöhnung. Das hat mit dem, was man noch nicht weiß, wenig zu tun. Versöhnung ist Leben in Klarheit. Leben, wie es von Anfang an gemeint war. Was sich getrennt hat, kommt wieder zusammen: Kopf und Bauch, Herz und Verstand, Gott und Mensch. Jesus sagt: Wenn Du wissen willst, wie Gott ist, dann schau mich an. Wenn wir uns wiedersehen, ist alle Trennung überwunden.

Biblischer Text,
Johannesevangelium 16,22–23a
Ihr habt nun Traurigkeit; aber ich will Euch wiedersehen, und Euer Herz soll sich freuen, und Eure Freude soll niemand von euch nehmen. Und an jenem Tage werdet Ihr mich nichts fragen.
Ralf Drewes