Sterben, um zu lieben

Andacht zum Karfreitag
Ein schwarz-weißes Bild von einer Rose, die auf einer spiegelnden Fläche liegt.
Bild: NIL-Foto/pixabay
Pastor Christian Plitzko

„Aua! Mann! Du tust mir weh!“

Beim Zwiebeln würfeln mit dem Messer in den Finger geschnitten. Die Hand verbrannt am Kochtopf. Den Hintern versohlt bekommen, weil 68 noch nicht durch war und der blaue Fleck am Arm vom älteren und stärkeren Bruder. Schmerzen haben unterschiedlichste Ursachen.

Der erste Impuls: Bloß weg!

Das, was für den Köper durchaus Sinn macht, übertragen wir gleichsam auf die Seele. Ich schütze mich davor, dass jemand mir seelische Schmerzen zufügt. Aus gutem Grund. Denn: Auch hier können Wunden entstehen, und auch Seelen können nachhaltig zerbrechen.

Allerdings!

Nicht jede Seelenschmerzvermeidungsstrategie halte ich persönlich für sinnvoll. In echten, tiefen Liebesbeziehungen kommen wir nicht drumherum, wehzutun. Einfach, weil wir unterschiedlich sind und die Sehnsucht nach absoluter Verschmelzung an Ihre Grenzen stößt. Schmerzvermeidung würde dann heißen: Ich schütze mich vor Nähe!

Weißt Du, wie ich das meine?

Oder vielleicht so: Gott hätte den Menschen doch auch ziemlich gut aus dem Himmel einfach nur als Vater lieben können. Am besten ganz im Stil vor 68. Mit Siezen und so: Oh, Herr Vater! Hat Gott aber so nicht gemacht. Stattdessen wurde er zum Liebhaber, der keinen Schmerz scheut. Für Gott heißt es: Lieber ganz nah zum Geliebten. So dicht dran wie möglich. Ganz verschmelzen.

Ich liebe Dich!

Sagt er. Und fragt uns, ob wir das nicht auch können. Tja, lieber Geliebter! Ich glaube, es ist wirklich so. Wenn Du groß lieben willst, dann musst Du in den Schmerz rein. Nicht weglaufen. Hinein. Denn – und das wissen die gebärenden Frauen wohl am besten – echte große Liebe gibt es nur durch die Neugeburt. Und da gehört Schmerz einfach mit dazu.

Zumindest macht Gott es so:

„Und von der sechsten Stunde an kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde. Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut: Eli, Eli, lama asabthani? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Matthäus 27,45f.)

Kommt, Ihr lieben Geliebten. Lasst uns sterben, um zu lieben.

Amen.

BIBLISCHER TEXT: Matthäusevangelium 27:45-54
Und von der sechsten Stunde an ward eine Finsternis über das ganze Land bis zu der neunten Stunde. Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut und sprach: Eli, Eli, lama asabthani? das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Etliche aber, die dastanden, da sie das hörten, sprachen sie: Der ruft den Elia. Und alsbald lief einer unter ihnen, nahm einen Schwamm und füllte ihn mit Essig und steckte ihn an ein Rohr und tränkte ihn. Die andern aber sprachen: Halt, laß sehen, ob Elia komme und ihm helfe. Aber Jesus schrie abermals laut und verschied. Und siehe da, der Vorhang im Tempel zerriß in zwei Stücke von obenan bis untenaus. Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, die Gräber taten sich auf, und standen auf viele Leiber der Heiligen, die da schliefen, und gingen aus den Gräbern nach seiner Auferstehung und kamen in die heilige Stadt und erschienen vielen. Aber der Hauptmann und die bei ihm waren und bewahrten Jesus, da sie sahen das Erdbeben und was da geschah, erschraken sie sehr und sprachen: Wahrlich dieser ist Gottes Sohn gewesen!
Christian Plitzko