Wenn das Gesicht Bände spricht

Andacht zum letzten Sonntag nach Epiphanias
Das Gesicht eines auf der Straße lebenden Jungen auf den Philippinen
Bild: flickr.com / Wayne S. Grazio / CC BY 2.0
Das Gesicht eines auf der Straße lebenden Jungen auf den Philippinen

Man sieht es ihr noch an. Doch, das muss man sagen.

Meine Tochter bekam gerade ein Zeugnis. Und sie war ärgerlich über die Dreien, die sie darin findet. Da braucht es offensichtlich einen Papa, der ihr sagt, dass Mädchen, die nur Einsen haben, doch seltsam wären. Da stimmt doch etwas nicht! Und bei ihr stimmt eben alles!

Ganz anderes Thema: In diesen Tagen sieht man medial immer wieder Menschen, die das Grauen des Holocaust überlebt haben. Inzwischen sind diese Menschen sehr alt. So ahnt man, wenn man sie sieht, was sie erleben mussten. Ich staune, wie fröhlich sie aussehen, trotz der furchtbaren Geschichten, die sie zu erzählen haben.

Ganz anderes Thema: An diesem Sonntag wird im Predigttext erzählt, wie Mose mit Gott Kontakt hat. Im Anschluss strahlt er. Mose. So sehr ist ihm das anzusehen, dass er sein Gesicht abdecken muss, damit das für andere noch erträglich ist. So sehr strahlt er.

Wahrscheinlich ist das immer so. Dass man den Menschen ansehen kann, was sie erlebt haben. So oder so. Und manchmal ist das für die Umstehenden schwer auszuhalten.

Dennoch, behaupte ich, das lohnt sich. Und man nennt es Begegnung.

Also lüftet die Abdeckungen über den Gesichtern! Zeigt, wer Ihr seid und was Ihr erlebt habt!

Auch die Begegnung mit Gott soll man Euch ansehen! Lasst uns zusammen strahlen!

Amen.

Der Text zur Andacht,
2. Mose 34, 29-35
Als nun Mose vom Berge Sinai herabstieg, hatte er die zwei Tafeln des Gesetzes in seiner Hand und wusste nicht, dass die Haut seines Angesichts glänzte, weil er mit Gott geredet hatte. Als aber Aaron und alle Israeliten sahen, dass die Haut seines Angesichts glänzte, fürchteten sie sich, ihm zu nahen. Da rief sie Mose, und sie wandten sich wieder zu ihm, Aaron und alle Obersten der Gemeinde, und er redete mit ihnen. Danach nahten sich ihm auch alle Israeliten. Und er gebot ihnen alles, was der Herr mit ihm geredet hatte auf dem Berge Sinai. Und als er dies alles mit ihnen geredet hatte, legte er eine Decke auf sein Angesicht. Und wenn er hineinging vor den Herrn, mit ihm zu reden, tat er die Decke ab, bis er wieder herausging. Und wenn er herauskam und zu den Israeliten redete, was ihm geboten war, sahen die Israeliten, wie die Haut seines Angesichts glänzte. Dann tat er die Decke auf sein Angesicht, bis er wieder hineinging, mit ihm zu reden.
Jakob Kampermann