Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden

Andacht zum ersten Sonntag nach Epiphanias
Ungemachte Wäsche kann plötzlich schön sein.
Bild: canva

Ich hab tagelang zu Hause alles vorbereitet, damit die Familie gut zurechtkommt. Geputzt, Geschenke gekauft, Lernstoff vorbereitet, Termine geregelt. 
Ich muss kurz ins Krankenhaus. Ein Routineeingriff.

Und jetzt muss ich immer an Stephi denken. Die Mutter von dem Freund unseres Sohnes, die ich beerdigt habe. Die ist ins Krankenhaus gegangen wegen einer gynäkologischen Geschichte und wusste, dass sie nicht wieder nach Hause kommen würde.
Ich bin mir sicher, dass sie alles vorher im Haus geregelt hat, was es da zu regeln gab. Aber zu wissen, dass man nie wieder da hinkommt? Das ist krass!
Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.
Ich weiß, dass es letztlich eine Überforderung wäre, ständig so zu leben, als würde man im nächsten Moment sterben können. 
Letztlich wäre es das. 

Aber ich merke, dass es meine Maßstäbe verschiebt. Wenn ich das so überlege, sind auf einmal Wäscheberge in meiner Wohnung schön. Wunderschön. Da gucken ja noch die Socken von unserem Sohn heraus!
Und der Einkauf? Gerne!

Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.
Das ist so einleuchtend. So klug bin ich nicht immer. Bestimmt nicht. Immer wieder bin ich auch kaputt oder faul. 
Aber manchmal überkommt es mich. Und ich will bewusst leben.
Deswegen.

Amen.

Der Text zur Andacht,
Psalm 90, 1b‐12
Herr, du bist unsre Zuflucht für und für. Ehe denn die Berge wurden und die Erde und die Welt geschaffen wurden, bist du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Der du die Menschen lässest sterben und sprichst: Kommt wieder, Menschenkinder! Denn tausend Jahre sind vor dir
wie der Tag, der gestern vergangen ist, und wie eine Nachtwache.
Du lässest sie dahinfahren wie einen Strom, sie sind wie ein Schlaf,
wie ein Gras, das am Morgen noch sprosst, das am Morgen blüht und sprosst und des Abends welkt und verdorrt.
Das macht dein Zorn, dass wir so vergehen, und dein Grimm, dass wir so plötzlich dahinmüssen. Denn unsre Missetaten stellst du vor dich, unsre unerkannte Sünde ins Licht vor deinem Angesicht. Darum fahren alle unsre Tage dahin durch deinen Zorn, wir bringen unsre Jahre zu wie ein Geschwätz.
Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre, und was daran köstlich scheint, ist doch nur vergebliche Mühe; denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon.
Wer glaubt’s aber, dass du so sehr zürnest, und wer fürchtet sich vor dir in deinem Grimm? Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen,
auf dass wir klug werden.
Cathrin Meenken