Neue Beauftragung für queere Seelsorge
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Hannover. „Unsere Kirchenleitung geht an dieser Stelle gute Schritte in die richtige Richtung; damit tun sich manche Gemeindeglieder und beruflich Tätige in der Kirche vielleicht noch schwerer“, vermutet Axel Kawalla mit einem leichten Zögern. Er spricht von einem klaren Bekenntnis zur sexuellen Vielfalt, von theologischer Auseinandersetzung, von alten Wunden, die noch immer schmerzen, und von einer anstehenden Veränderung in seiner eigenen Tätigkeit.
Seit 2014 ist Pastor Kawalla landeskirchlicher Beauftragter für HIV- und AIDS-Seelsorge am Zentrum für Seelsorge und Beratung (ZfSB) in Hannover. 2006 war für dieses Arbeitsfeld eine halbe Stelle eingerichtet worden; zu den Aufgaben gehören die Seelsorge an Menschen, die selbst oder in ihrem Umfeld von HIV und AIDS betroffen sind, der theologische Diskurs, Aufklärungs- und Präventionsarbeit und das Einbringen des Themas in die kirchliche Entwicklungsarbeit. Die Zahlen, die sich hinter dieser Aufzählung verbergen, sind in Deutschland eher aus dem Blick geraten, weltweit aber noch immer erschreckend: „2019 starben noch immer etwa 700.000 Menschen an den Folgen einer HIV-Infektion; 38 Millionen Menschen leben aktuell mit dem HI-Virus“, sagt Axel Kawalla. In seiner eigenen Tätigkeit hat er einen sinkenden Bedarf an Seelsorge festgestellt: „Auch wenn es für viele eine große Belastung bedeutet, mit HIV zu leben, sind die meisten Menschen, mit denen ich Kontakt habe, in den Beratungsstellen emotional gut aufgehoben.“
Zum 1. Januar 2021 wird die Stelle Kawallas umbenannt und mit einem neuen Auftrag versehen: Er wird dann landeskirchlicher Beauftragter für Queere Seelsorge sein. Er selbst ist überzeugt davon, dass es an der Zeit ist, diesen Schritt zu gehen: „Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt bereichert unsere Kirche und ich freue mich darauf, queere Menschen einzuladen und auf sie zuzugehen.“ Schritte in diese Richtung ist Kawalla schon seit einiger Zeit gegangen: Auf Einladung des hannoverschen Vereins Andersraum e.V. war er 2019 mit dem Kirchenmobil aus Obernkirchen beim Christopher Street Day (CSD) in Hannover zu Gast und predigte auf der Bühne; im Sommer 2020 stellte er aus Anlass des CSD einen Videoclip von sich selbst mit regenbogenfarbenem Beffchen ins Netz.
Um die alten Verletzungen, die auch die hannoversche Landeskirche homosexuellen Menschen in der Vergangenheit zufügte und die in Berufsverboten gipfelten, redet Kawalla nicht herum: Er sieht es auch als seine Aufgabe an, sich für diese Verletzungen, die oftmals noch heute schmerzen, öffentlich zu entschuldigen. Seine Tätigkeit im Rahmen des neuen Auftrages will er an der Frage „Was wünscht ihr euch von der Kirche?“ orientieren und aktiv auf die queeren Gemeinschaften zugehen.
Als weitere Aufgabe sieht er es an, mit Kirchenkreisen und -gemeinden ins Gespräch zu kommen, unter anderem über die Idee eines Siegels: „Im Beirat der HIV-Seelsorge ist diese Idee entstanden – ‚gay friendly‘ an der Kirchentür würde die Einladung an alle Menschen der queeren Gemeinschaften verstärken“, erklärt Kawalla. Auf die theologische Diskussion dieses Vorschlags in Kirchenkreisen und -gemeinden freut er sich und ist in diesem Zusammenhang dankbar für die Handreichung zur Trauung von Ehepaaren gleichen Geschlechts, die die hannoversche Landessynode im Mai 2019 verabschiedete. „Dies war für die Landeskirche ein großer Schritt und für queere Christinnen und Christen eine längst überfällige Einladung und Normalisierung“, sagt Kawalla. „Diese Einladung sprechen wir ab Januar 2021 noch einmal lauter aus und sie gilt besonders auch für alle Menschen, die mit HIV leben.“
Öffentlichkeitsarbeit im Zentrum für Seelsorge und Beratung